Mittenwald: Gemeinderat hat Blitzärger

Ein Politiker aus Mittenwald will seinen Sohn auf einem Radar-Blitzfoto nicht erkennen, kämpft durch alle Instanzen. Jetzt muss er 15.600 Euro zahlen.
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Ein Politiker aus Mittenwald will seinen Sohn auf einem Radar-Blitzfoto nicht erkennen. Jetzt muss er 15600 Euro zahlen.

MÜNCHEN/MITTENWALD Die kleine Gefälligkeit für den Sohn kommt dem Mittenwalder Kommunalpolitiker Hasso von Z. (67) teuer zu stehen: Zu 15600 Euro Geldstrafe hat das Münchner Landgericht jetzt den Freien-Wähler-Gemeinderat wegen einer Falschaussage verurteilt. Hartnäckig behauptete der Angeklagte durch alle Instanzen ernsthaft, dass der Mann auf dem polizeilichen Blitzfoto nicht sein 43-jähriger Sohn Alexander sei: „Ich kenne diese Person nicht!“

Dabei gibt der Vorsitzende Richter Ralph Alt ihm vor Prozessbeginn noch einen Wink: „Nehmen Sie die Berufung zurück.“ 12000 Euro Strafe lautet das Ersturteil. Noch günstiger wäre ein Temposünder-Geständnis des Sohnes gewesen: 120 Euro Buße und drei Punkte in Flensburg. Es passiert im Juli 2010. Der Sohn ist mit einem Firmen-BMW aus dem Chemie-Familienunternehmen unterwegs. Auf der Autobahn A 95 saust er bei Großweil in einer Tempo-80-Zone mit 114 Sachen in die Radarfalle.

Ein paar Wochen später flattert der Bußgeldbescheid in den Firmenbriefkasten. Einspruch wird eingelegt, weil es sich um einen Firmenwagen handeln würde, auf den viele Mitarbeiter Zugriff hätten. Der Polizeibeamte Johann O., der als CSU-Sportreferent auch im Mittenwalder Gemeinderat sitzt, kommt persönlich bei von Z. vorbei. Er zeigt ihm das Blitzfoto: „Das ist doch der Alex!“ Die Antwort des Vaters: „Für mich kann das jeder sein. Ich weiß auch nicht, wer zur Tatzeit gefahren ist.“

Der Polizist meint: „Ich bin auf gut deutsch verarscht worden.“ Der Fall landet vor dem zuständigen Amtsgericht in Garmisch-Partenkirchen. Richter Stefan Lindig vernimmt Hasso von Z. Bei der richterlichen Vernehmung bleibt der Vater bei seiner Aussage. Richter Lindig lässt den Sohn kommen. Minutenlang schaut er sich den Filius direkt und ganz genau an. Dann lässt er ihn gehen, wartet ein paar Minuten und wirft erneut ein Blick auf das Radarfoto.

Für Lindig ist es klar: Das ist der Sohn des Angeklagten! „Wenn das Gericht dies erkennt, muss es auch einem Vater gelingen, den Sohn zu identifizieren“, sagt der Richter in seiner Urteilsbegründung. Die Münchner Richter sind der gleichen Meinung. Um den Fall allerdings noch einmal gründlich aufzuarbeiten, wird eigens ein Universitätsgutachter ins Gericht zitiert. Auch der Augenarzt sagt eindeutig, dass man auch bei einem schwächeren Sehvermögen, den Sohn hätte erkennen können.

Der Gutachter räumt allerdings ein, dass es so starke Augenkrümmungen gäbe, dass man Personen auf Fotos schlecht erkennt. In seiner Verteidigung behauptet der Vater weiterhin, dass er zum Zeitpunkt der Foto-Gegenüberstellung unter einer deutlich schwächeren Sehschärfe gelitten habe. Erst später sei der Sehfehler entdeckt und vom Optiker mit einer Brille behoben worden. Eigentlich ist der Justizwirbel ohnehin nicht nötig gewesen. Als Vater hätte er die Aussage verweigern können.

 

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