Mitten in München: Rabbiner-Familie beschimpft und bespuckt
München - Der Rabbi aus München und seine beiden 19 Jahre alten Söhne waren am Samstagnachmittag zu Fuß in der Hohenzollernstraße unterwegs. Die Zwillinge leben normalerweise im Salzburger Land und besuchten am letzten Wochenende ihren Vater in München.
Der Vater und seine beiden Söhne trugen eine Kippa, die traditionelle jüdische Kopfbedeckung. Der 53-Jährige ist zudem Bartträger. "Aufgrund des Erscheinungsbilds waren sie als jüdische Mitbürger zu erkennen", erklärt Polizeisprecher Florian Hirschauer.
Unbekannter brüllte Beschimpfungen von der anderen Straßenseite
Unvermittelt pöbelte ein Fremder die Familie auf Höhe der Kreuzung Wilhelmstraße vom gegenüberliegenden Gehweg aus an. "Scheiß Juden", brüllte er. Dann ging der Antisemit weiter. Der Mann ist laut Beschreibung etwa 45 Jahre alt, kräftig, 1,65 Meter groß und sprach Hochdeutsch.
Eine Frau in einem Auto fühlte sich durch die antisemitische Pöbelei des Fußgängers inspiriert, ebenfalls den Rabbi und seine Söhne als "Scheiß Jude" zu beschimpfen. Die Frau ist etwa 35 Jahre alt, schlank und wird als orientalischer Typ mit schulterlangen Haaren beschrieben.
Frau spuckt 19-Jährigem ins Gesicht
Einer der Söhne des Rabbi ging zu dem Auto und sprach die Frau durchs Beifahrerfenster wegen ihrer beleidigenden Äußerung an. Die Frau reagierte äußerst aggressiv. Sie wiederholte ihre Beschimpfung und spuckte dem 19-Jährigen quer durch das Fahrzeuginnere ins Gesicht.
Anschließend gab die Antisemitin Gas und fuhr davon. Der Rabbi und seine beiden Söhne erstatteten Anzeige bei der Polizei. Inzwischen ermittelt der Staatsschutz, das Kommissariat K 45, zuständig für politisch motivierte Kriminalität durch ausländische Tatverdächtige.
Der Übergriff auf die Familie des Rabbis stellt in München eine neue Dimension dar. "Einen vergleichbaren Vorfall hat es in jüngster Zeit nicht gegeben", betont Florian Hirschauer.
Der Vorfall sei "leider symptomatisch für die schwierige Situation vieler jüdischer Menschen in der heutigen Zeit", sagt Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern.
Ein weiteres Mitglied der jüdischen Gemeinde fand am Montag im Treppenhaus seines Wohnhauses in München eine Davidstern-Schmiererei.
Immer mehr antisemitische Straftaten in München
2018 wurden in München 86 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund angezeigt. Im Jahr davor waren es 51 Fälle. "Sicherheit im öffentlichen Raum, die eigentlich für alle Bürger selbstverständlich sein sollte, rückt gerade für Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft in immer weitere Ferne", so Knobloch. "Dieses Sicherheitsgefühl muss so schnell wie möglich wiederhergestellt werden, damit solche Vorfälle sich nicht wiederholen."
Die Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler twitterte, es sei "eine Schande, dass so etwas in unserer Stadt geschieht", judenfeindlichen Äußerungen müsse man entschlossen entgegentreten.
"Der Angriff auf den jüdischen Rabbiner und seine Familie ist ein Angriff auf die ganze Münchner Stadtgesellschaft", betonte Ludwig Spaenle (CSU), Beauftragter der Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus.
Die Täter werden wie folgt beschrieben:
Täter 1: Männlich, ca. 165 cm groß, ca. 45 Jahre alt, kräftige Figur, sprach hochdeutsch.
Täter 2: Weiblich, ca. 35 Jahre alt, schlanke Figur, orientalischer Typ, schulterlange Haare.
Zeugenaufruf:
Personen, die sachdienliche Hinweise geben können, werden gebeten, sich mit dem Polizeipräsidium München, Kommissariat 45, Tel. 089/2910-0, oder jeder anderen Polizeidienststelle in Verbindung zu setzen.
Wie das Polizeipräsidium München mitteilt, ist die Anzahl der Straftaten mit antisemitischem Hintergrund in München ansteigend. Waren es im Jahr 2017 noch 51 Straftaten, stieg diese Zahl in 2018 auf 86 an.
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