Mit Spenderherz im Alltag: "Ein Grund zum Feiern"

Christine Huchler lebt mit einem Spenderherz. Ihr Alltag ist nicht leicht, die 38-Jährige ist dennoch glücklich
von  Nathalie R. Stüben
Routine-Untersuchung: Alle sechs Monate muss Christine Huchler (re.) ins Klinikum Großhadern. Dort hatte sie vor eineinhalb Jahren ein Spenderherz erhalten.
Routine-Untersuchung: Alle sechs Monate muss Christine Huchler (re.) ins Klinikum Großhadern. Dort hatte sie vor eineinhalb Jahren ein Spenderherz erhalten. © Nathalie R. Stüben

Christine Huchler lebt mit einem Spenderherz. Ihr Alltag ist nicht leicht, die 38-Jährige ist dennoch glücklich

München - In Christine Huchlers Zimmer sah es aus wie bei der NASA. Überall standen Maschinen, die sie am Leben hielten. Schläuche fesselten sie ans Bett. Das war Ende August 2012: Als der Organspendeskandal die Öffentlichkeit entsetzte, wartete Christine Huchler auf ein Herz. „Ich habe in den Nachrichten gesehen, dass die Leute weniger spenden. Und da habe ich mir echt Sorgen gemacht.“

Gute anderthalb Jahre später erscheint die 38-Jährige aus Laupheim zur halbjährlichen Routineuntersuchung im Klinikum Großhadern. Sie wirkt gesund, lacht viel und herzlich. „Es ist so schön, sie jetzt so zu sehen,“ sagt die Ärztin Claudia S., die Christine Huchler intensiv betreute. Die beiden duzen sich. Sie haben viel zusammen erlebt. Claudia S. hatte Dienst, als Christine Huchler eingeliefert wurde und war dabei, als die Nachricht vom Spenderherz kam.

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Es war knapp

Kurz zuvor hatten Huchlers Nieren versagt. Claudia S. musste den Dialysezugang von oben in den Hals legen, weil die Leisten schon durch die Schläuche der Herz-Lungen-Maschine blockiert waren. Sie baute sich einen Turm aus Hockern und stieg über ihre Patientin. Die Situation war derart skurril, dass die Ärztin lachen musste. Christine Huchler lachte mit, obwohl sie eigentlich völlig ausgezehrt war. „Da hat man gemerkt, wie stark sie ist“, sagt Claudia S.

Warum Christine Huchlers Herz versagt hat, kann man bis heute nicht genau sagen. Eines Tages wurde ihr übel, immer wieder musste sie sich übergeben. Ihr Arzt schickte sie ins Krankenhaus. Vier Wochen wurde ihr Herz durch eine sogenannte Ballonpumpe unterstützt. Dann brach ihr Herz-Kreislauf-System zusammen und sie musste an die Herz-Lungen-Maschine. 13 Tage – das ist ein verhältnismäßig langer Zeitraum.

Die meisten Herzpatienten sind in dieser Zeit nicht bei Bewusstsein. Christine Huchler war wach, eine Besonderheit. Bei der Erinnerung an diese Zeit flattern ihre Augenlider. Ganz kurz nur. „Am Anfang hat man Hochs und Tiefs“, sagt sie dann. „Aber irgendwann kämpft man nur noch für den nächsten Augenblick.“

Spenderorgan in den frühen Morgenstunden

Es war in frühen Morgenstunden, als sie erfuhr, dass es ein Spenderorgan für sie gibt. „Man kann sich nicht vorstellen, wie toll das ist!“

Das Leben mit einem fremden Herzen hat Christine Huchler verändert: „Die alltäglichen Probleme vieler Menschen empfinde ich als Luxusprobleme. Ich mache mir zum Beispiel keine Gedanken mehr darüber, ob ich ein Kilo zu viel auf den Rippen habe.“

Täglich nimmt sie 20 Tabletten, darf manche Lebensmittel nicht mehr essen und muss im Krankenhaus einen Mundschutz tragen, damit sie sich keine Infektion holt. „Es gibt Tage, da funktioniert alles super und solche, da zieht es einem die Füße weg.“ Ihren Beruf als Fahrlehrerin kann sie nicht mehr ausüben.

„Doch all diese Einschränkungen verblassen neben dem, was ich gewonnen habe“, sagt Christine Huchler. „Wenn ich heute in der Natur bin, die Vögel höre und den Frühling rieche, weiß ich: Ich habe Grund zum Feiern.“
 

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