Mit der Tram zu Puccini
München - Meine Frau und ich versuchen immer, uns den Samstag freizuhalten, um in die Stadt zu fahren. Wir wohnen in Waldperlach, das ist zwar auch noch München, aber eben nicht ganz der Marienplatz.
Wir fahren meistens mit der Tram. Ich liebe das, man fährt viel zu wenig Tram. Mit der Linie 19 über den Max-Weber-Platz bis zu den Kammerspielen oder der Staatsoper. Und wenn man dann unterwegs war, beim Hugendubel Bücher kaufen oder beim Beck in der grandiosen Musikabteilung, dann passiert es oft, dass wir spontan sagen: Mensch, jetzt gehen wir in die Kulisse zum Essen oder zum Franziskaner. Hängt davon ab, wo man gerade ist.
Im Franziskaner esse ich gerne saure Zipfel. Die stehen seit einiger Zeit zwar nicht mehr auf der Karte, aber wenn man sie bestellt, dann bekommt man die auch. Dazu frisch geriebenen Meerrettich–den kriegt man da wie sonst nirgends.
Wenn wir Karten bekommen, gehen wir am Samstagabend sehr gerne in die Staatsoper: von Puccini bis Wagner, ob „Lohengrin” oder „Liebestrank” – die Bandbreite ist groß. Aber man kann sich das nicht ständig leisten, die Oper ist ja leider Gottes nicht ganz billig.
Die letzte Aufführung, die wir in München gesehen haben, war von Jörg Widmann „Babylon” – mit Texten von Peter Sloterdijk. Und wenn ich das verraten darf: Wir sind in der Pause nach Hause gegangen. Diese Musik – die hat mich mitunter daran erinnert, wie es klingt, wenn jemand mit einer Gabel auf einem Topfboden herumkratzt, so metallisch.
Ich liebe Oper, auch die moderne, aber die Sloterdijk-Texte, die waren solch ein gestanzter Schrott, sowas von schwülstig, da hat man gar nicht gewusst: Was will er einem damit jetzt sagen? Ein guter Freund hatte uns vor dieser Oper gewarnt, aber wir wollten uns ein eigenes Urteil bilden.
Der Sonntag beginnt dann meistens mit einem schönen Frühstück. Ich mache jeden Tag Frühstück, das ist so mein Job. Für meine Frau gibt es dann Kaffee, für mich grünen Tee mit Ingwer und Ginseng. Dann mache ich Toast: Meine Frau bekommt spezielles Brot, sie hat eine Gluten-Allergie, ich normales. Dazu Käse, Obst und für mich eine schöne Kalbsleberwurst. Auf keinen Fall Knoblauch, um halb zehn werde ich ja vom Bayerischen Rundfunk zum „Sonntags-Stammtisch” abgeholt. Und wenn da der Horst Seehofer sitzt oder die Ilse Aigner – die ärgere ich lieber anders. Es gibt nichts Schöneres, als anderen über eine Karikatur in der Zeitung die Meinung zu sagen.
Nach der Sendung gehe ich oft was essen, mit meiner Frau und Freunden. Da gibt es zwei Lokale, wo ich wirklich sehr gerne hingehe: das La Cambusa in der Cosimastraße, ein Italiener, den wir schon seit 40 Jahren kennen. Und den Freisinger Hof in der Oberföhringer Straße. Ich esse da oft Wiener Schnitzel, das ist so riesig, dass der Kellner immer gleich mit Alufolie kommt.
Am Abend gehe ich zu Facebook online. Meine Frau hätte lieber, dass ich spazieren gehe, aber für mich ist Facebook eine Art Marktforschung. Es ist mir wichtig, rauszufinden, was bei den Leuten ankommt. Bei der Rentendebatte etwa habe ich ein Bild von der Merkel und der von der Leyen reingestellt, mit Sprechblasen. Die Merkel fragt die von der Leyen: „Sag mal, Ursula, gibt's denn gar keine sicheren Renten?" Die von der Leyen antwortet: „Doch, unsere!" Die Karikatur ist über 800 Mal geteilt worden. Das hat offenbar einen Nerv getroffen. Daran kann man ablesen: Was bewegt die Leute, von was wollen sie, dass man es aufspießt.
Protokoll: Florian Zick