Jeden Freitag erzählt in der AZ ein bekannter Münchner von seinem Wochenende. Heute ist das der Poetry-Slam-Künstler Bumillo.
Als Bub hab ich mir immer gewünscht, dass jeder Tag Samstag ist. Da kann man lange ausschlafen und lange wach bleiben – zudem kam in meiner Kindheit da noch der Disney Club. Von da her war das der perfekte Tag in der Woche. Und jetzt als Freiberufler ist es tatsächlich so: Jeder Tag ist Samstag mit all seinen Vor- und Nachteilen.
Klar, ich habe morgens weniger Druck oder Stress. Aber was ein bisschen fehlt, ist das Wochenende und der Feierabend. Man kann schließlich immer Texte schreiben oder eine Veranstaltung planen. So richtig abzuschalten fällt oft schwer.
Da trifft es sich ganz gut, dass ich vor ein paar Wochen Vater geworden bin. Als Vater hat man eigentlich immer die Möglichkeit, den Kopf frei zu kriegen. Zwei Stunden gibt es dann nur das Spucktuch, die Flasche und das Kind.
Danach bin ich erschöpft, aber glücklich. Und die Maschine läuft auch wieder besser. Dann übertrage ich zum Beispiel Einträge aus meinem Notizbuch auf den Computer und schaue, ob das schon für einen neuen Text reicht.
Wir wohnen in der Au, da ist es traumhaft. Man ist gleich an der Isar in den Grünanlagen. Da kann man wunderbar spazieren gehen. Meine Frau und ich sind ohnehin ganz große Spaziergeher. Wir starten oft von der Reichenbachbrücke aus eine große Runde:
Sendlinger Tor,
Stachus,
Marienplatz,
Viktualienmarkt,
Gärtnerplatz und schon sind wir wieder in der Au. Selbst mit ein bisschen Bummeln zwischendrin schafft man das in einer guten Stunde.
Ich mache oft in der Schallplattenzentralein der Fraunhoferstraße Halt, ein bisschen stöbern und schauen, was es so gibt. Ich liebe es, wenn ich CDs aus den Neunziger Jahren finde, das erinnert mich an meine Jugend. Ich stamme ja aus einer Generation, da hat man noch sein ganzes Taschengeld für Musik ausgegeben. Alben und Singles von den ganzen Bands, die man beim Radiohören kennengelernt hat, Ace of Base und wie sie nicht alle hießen.
Dann geht es ein paar Häuser weiter meistens noch zum Oxfam rein. Da gibt es neben CDs auch noch Bücher, Manchmal macht man da sogar ein echtes Schnäppchen. Danach vielleicht noch zum Kaut-Bullinger, was für die kreative Arbeit besorgen, beim
Hugendubel die Neuerscheinungen durchschauen und gucken, ob irgendwas Lesenswertes als Paperback erschienen ist.
Und schließlich auf dem Viktualienmarkt, noch einen frisch gepressten Fruchtsaft trinken.
In Clubs gehe ich eigentlich gar nicht, ich war schon immer eher der feuilletonistische Weggeher: was anschauen, ein Theaterstück oder ein Konzert, und dann gemütlich beisammen sitzen und darüber quatschen – das ist mehr Meins. In München kann man das sehr gut im Vereinsheim in der Occamstraße tun, das ist der wichtigste Knotenpunkt der Kleinkunstszene hier. Da findet die Vernetzung von Liedermachern, Poeten und Kabarettisten statt. Und früher, so zu Uni-Zeiten, war ich auch sehr gerne im Café Jasmin. Da klebt ein bisschen von meiner Geschichte an den Sesseln.
Mit dem Kind jetzt muss ich natürlich ein paar Abstriche machen. Aber dadurch, dass mein Job irgendwo aus Durch-die-Kneipen-ziehen besteht, ist das alles halb so wild. Dafür bekommt vieles eine ganz neue Qualität. Letztens zum Beispiel war die Record-Release-Party von einem guten Kumpel von mir. Da habe ich nicht dabei sein können. Aber ich bin danach noch mit dem Kinderwagen vorbeigerollt und habe mir sein Album auf Vinyl gekauft. Das war irgendwie aufregend, mit der Tochter nachts ein bisschen durchs Viertel zu gangstern.
Protokoll: Florian Zick