Miroslav Menschenkind macht Kuschel-Würste

AZ: Herr Menschenkind, bei Ihnen gibt es alles, was es in einer Metzgerei gibt: Wurst, Geschnetzeltes – nur aus Kuscheltieren hergestellt. Wie kommt man auf so eine Idee?
MENSCHENKIND: Es gab in Hamburg eine Ausstellung mit dem Thema ‘Aufhängen’ an der ich teilgenommen habe. Die fand in einer ehemaligen Schlachterei statt. Und da mein Großvater Schlachter war und ich noch Utensilien wie Beil und Fleischwolf hatte, habe ich das zusammengewürfelt und die Idee ist so nach und nach entstanden. Ich habe nicht von vornherein gesagt: Ich will etwas gegen Massentierhaltung machen.
Hat es Ihre Einstellung zu Fleisch verändert, dass Ihr Großvater Schlachter war?
Ich habe ihn nie arbeiten sehen, aber meine anderen Großeltern waren Landwirte und da habe ich das Schlachten mitgekriegt. Dann kamst du halt von der Schule und es roch und dann wusstest du, es wurde geschlachtet.
Inzwischen sind Sie aber Vegetarier.
Ja, das habe ich für mich entschieden. Es spielt aber keine Rolle, ob ich in der Kuscheltierschlachterei als Vegetarier oder Fleischesser stehe. Ich habe nicht die Aufgabe, Menschen zu missionieren.
Aber es geht Ihnen ja doch um ein Umdenken.
Ja. Ganz am Ende runtergebrochen sollen die Leute ihr Verhalten und ihre Einstellung gegenüber ihrem Fleischkonsum überdenken. Aber man kann den Menschen nicht vorschreiben, kein Fleisch zu essen, sonst hätten wir eine Diktatur.
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Ich finde Aufklärung wichtig. Hier trickse ich die Menschen ein bisschen aus: Sie kommen hierher und regen sich auf, dass ich Kuscheltiere schlachte. Aber in dem Moment macht es Klick und sie denken nach. Und dann habe ich sie schon gekriegt.
Wie sind denn die Reaktionen?
Die Fragen sind immer gleich: Was passiert, wenn man die Wurst aufmacht, kommt dann ein Kuscheltier raus? Ich sag dann immer: Wenn du eine Wurst aufmachst, kommt ja auch kein Schwein raus.
Aber die Leute hier können mit meinem flapsigen Humor umgehen. Die Münchner sind sehr höflich, selbst wenn manche den Stand nicht verstehen.
Im Internet sind Sie aber stark angefeindet worden.
Das waren sechs Leute, die mir auf Facebook Sachen geschrieben haben wie ,Du Plüschi-Mörder’, ,Dich sollte man einweisen’. Ich hab mir deren Profile angeguckt und die hatten alle Profilbilder mit Kuscheltieren. Insofern hab ich’s dann mit einem Lächeln gesehen.
Fangen Kinder zu weinen an, wenn sie an Ihren Stand kommen?
Das ist ein Irrglaube der Erwachsenen. Wenn ich den Kindern erkläre, dass das hier alles Teddys sind, die keiner mehr lieb hatte und das ihrem Teddy, wenn sie den liebhaben, auch nichts passiert, dann sind die ganz entspannt.
Ich hab auch schon von Kindern Teddys gespendet bekommen, die ich dann verarbeitet habe.
Haben Sie neue Projekte?
Ich habe gemerkt, dass ein leidendes Kuscheltier perfekt geeignet ist, um Emotionen zu erzeugen. Ich habe drei Ideen für Installationen mit Kuscheltieren, die den Leuten andere gesellschaftliche Probleme vor Augen führen sollen.
Das ist aber noch nicht konkret.