Mindestens 100 Flüge in München gestrichen

Ausstand im Erdinger Moos: Mindestens 100 gestrichene Flüge und Verspätungen – auch Interkontinentalflüge sind betroffen. Jetzt will die Gewerkschaft bundesweit streiken.
München - Jetzt hat es auch den zweitgrößten deutschen Flughafen erwischt: Gestern Mittag um 13 Uhr legte ein Großteil der rund 800 Lufthansa-Flugbegleiter die Arbeit am Münchner Flughafen nieder. Elf Stunden bis Mitternacht sollte der Ausstand andauern. Doch nicht nur München droht ein weiterer Streik.
Mindestens 100 von geplanten 450 Flügen musste die Lufthansa in München streichen. Obwohl die Airline der Abwicklung der 20 Interkontinentalflüge oberste Priorität einräumte, kam es auch hier zu Ausfällen: Am Nachmittag hoben zum Beispiel die Maschinen nach Los Angeles oder Chicago nicht ab. Hinzu kommen zahlreiche Verspätungen. Ihr Ziel, den Flughafen München, ähnlich wie am Freitag den Airport Frankfurt lahmzulegen, erreichten die Streikenden der Unabhängigen Flugbegleiter Organisation Ufo also nur zum Teil – die Lufthansa hofft, dass maximal ein Viertel ihrer Flüge ausfällt.
Zahlreiche Flüge waren bereits vor 13 Uhr gestrichen worden, trotzdem bildeten sich zunächst keine Schlangen vor den Lufthansa-Schaltern. Viele Passagiere hatten offenbar bereits umgebucht. Die Lufthansa schickte rund 18 000 SMS, um ihre Passagiere zu informieren. Flüge wurden eher abgesagt.
In München gibt es eine andere Situation als bei den ebenfalls bestreikten Flughäfen in Berlin Tegel und Frankfurt. In der bayerischen Landeshauptstadt werden 60 Prozent der Lufthansa-Flüge durch Tochterunternehmen wie Germanwings oder Cityline abgewickelt. Dort streikt die Besatzung nicht.
Auch am Mittwoch wird der Streik Auswirkungen auf den Flugverkehr haben. Weil der Streik bis Mitternacht dauert, werden Flugzeuge und Besatzung nicht an ihren Abflugorten sein.
Als gestern in München der Streik begann, beendeten die Flugbegleiter am Flughafen Frankfurt/Main und Berlin Tegel gerade ihren Ausstand. Mehr als 300 Flüge haben die Flugbegleiter und die Gewerkschaft Ufo hier am Dienstag ausfallen lassen. Erst am Freitag hatten die Kabinenbeschäftigten am größten deutschen Flughafen in Frankfurt die Arbeit niedergelegt: 190 Flüge wurden gestrichen, 26 000 Passagiere waren betroffen. Doch am Dienstag lief das Drehkreuz nicht zu – das heißt, andere Fluggesellschaften konnten anders als Freitag unbehindert starten.
Trotzdem waren am Dienstag in ganz Deutschland 43000 Passagiere betroffen. Die Flugbegleiter fordern nach drei Nullrunden fünf Prozent mehr Lohn – Lufthansa bietet 3,5 Prozent. Eine Stewardess oder ein Steward beginnt bei Lufthansa mit einem Einstiegsgehalt von 1533 Euro, dazu kommt eine 16-prozentige Schichtzulage. Nach einer Tariftabelle steigen die Grundgehälter auf bis zu 4000 Euro, die ranghöchsten Flugbegleiter können bis zu 7000 Euro verdienen. Ufo fordert auch den Verzicht auf Leiharbeit und Jobauslagerungen.
Am Dienstag drohte Ufo-Chef Nicoley Baublies, dass am Freitag bundesweit gestreikt werde - und das 24 Stunden lang, sollte sich die starre Haltung der Lufthansa nicht ändern. Deren Sprecher Klaus Walther hatte zuvor gesagt: "Hier streikt eine Gewerkschaftsführung gegen die Kunden. Und das kann nicht sein.“ Er forderte Ufo auf, die Verhandlungen wieder aufzunehmen.
Infos für Lufthansa-Kunden: 01805/805805, falls Ihr Flug gestrichen wurde: 0800 8 50 60 70
Essen, Getränke und Übernachtung: Das steht Ihnen zu
Zunächst einmal: Fallen bei einem Streik Flüge aus oder verspäten sie sich, haben die Passagiere keinen Anspruch auf Entschädigung. Aber leer gehen gestrandete Fluggäste dennoch nicht aus.
Ersatzbeförderung: Die Fluglinie ist verpflichtet, die Passagiere so schnell wie möglich auf einem anderen Weg zum Ziel zu bringen. Umbuchungen auf einen späteren Flug oder auf Partnerairlines sind kostenlos. Auch der Transport mit Bus und Bahn ist möglich.
Reiserücktritt: Hat der Flieger mehr als fünf Stunden Verspätung oder wird er komplett gestrichen, kann der Passagier entscheiden, ob er die Reise noch antritt. Wenn nicht, muss die Fluggesellschaft laut ADAC den Kaufpreis erstatten, wenn der Gast nur ein Ticket gekauft hatte. Bei Pauschalurlaubern gilt das nur bei längeren Streiks.
Essen und Getränke: Den Passagieren stehen bei längeren Wartezeiten Essen und Getränke zu. Die Fluggesellschaften verteilen in der Regel Gutscheine. Bei einer Verspätung von drei Stunden reicht laut Sabine Fischer-Volk, Expertin bei der Verbraucherzentrale Brandenburg, eine Gutschrift über zehn Euro pro Person.
Telefonieren und Faxen: Passagiere, die festsitzen, haben das Recht auf Kosten der Airline zu telefonieren, Faxe und E-Mails zu schicken. Laut EU-Verordnung sind zwei Telefonate, Faxe oder zwei E-Mails erlaubt.
Unterkunft: Verschiebt sich der Abflug auf den nächsten Tag oder noch weiter nach hinten, ist die Airline verpflichtet, eine Übernachtungsmöglichkeit zu besorgen. Mit einer Pritsche im Wartesaal ist es dabei nicht getan. Die Zahl der Nächte ist nicht festgelegt.