Millionen für die Kinder

MÜNCHEN - Für Erzieher muss die Stadt acht Millionen mehr bezahlen. Noch wird eine Erhöhung der Gebühren ausgeschlossen – aber bald ist ja auch Wahl. Stadtrat trifft sich heute zur Finanz-Not-Sitzung.
Die Stadt München kommt die Gehaltserhöhung ihrer Erzieherinnen teuer zu stehen: Rund acht Millionen Euro muss die Stadt zusätzlich ausgeben. Damit muss die Stadt im Jahr rund 20 Millionen Euro für die Erzieher bezahlen. Die Erhöhung bekommen nicht nur die rund 5100 Erzieher, für deren finanzielle und körperliche Gesundheit monatelang gestreikt wurde. Sondern auch etwa 900 Sozialpädagogen in Sozialbehörden.
Der Abschluss nutzt auch den privaten Kindertagesstätten: Wenn die ihren Erzieherinnen ebenfalls mehr Geld geben, bekommen sie mehr Zuschuss von der Stadt. Dann wird der Abschluss für München noch teurer.
Für die Erzieher ist das die zweite Gehaltserhöhung seit April vorigen Jahres. Damals hatte die Gewerkschaft Verdi nicht gemerkt, dass manche Erzieher finanziell schlechter gestellt wurden. Was jetzt von Verdi unter dem Deckmantel der „Gesundheitsvorsorge“ nachgebessert wurde. Nach dem Kompromiss gibt es ab November ein Gehaltsplus von durchschnittlich 150 Euro.
2010 - die dritte Erhöhung in drei Jahren
Kann sich die Stadt das leisten? Im Moment schließen OB Christian Ude und Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) eine Erhöhung der Gebühren aus. Das kann sich vor der Bundestagswahl politisch auch keine Partei erlauben. Auch rechnerisch nicht: Im nächsten Jahr wird es erneut eine Gehaltstarifrunde für die Erzieher geben. Das wäre bereits die dritte Erhöhung in zwei Jahren.
Danach beginnt das Rechnen. Bis dahin werden die acht Millionen im Jahr an anderer Stelle eingespart oder es werden die Schulden erhöht.
Münchens Personalreferent Thomas Böhle schaut auch auf andere Geldquellen: „Es ist höchste Zeit, dass Bund und Länder nicht nur ungebetene Sympathiekundgebungen für die Streikenden abgeben, sondern jetzt auch die notleidenden Kommunen mit mehr Geld unterstützen“, sagte er der AZ.
"Dummes Zeug über Steuersenkungen"
In diese Kerbe schlägt auch OB Ude: „Statt dummes Zeug über Steuersenkungen zu schwatzen, sollten die verantwortlichen Politiker in Bund und Ländern den Kommunen beim puren Überlebenskampf helfen.“ So malt auch der Bayerische Gemeinderatspräsident Uwe Brandl (CSU) ein Gespenst an die Wand: Viele Kommunen könnten sich jetzt den Krippenausbau nicht mehr leisten, und das geplante kostenfreie letzte Kindergartenjahr sei in Gefahr.
Auch in München brechen immer mehr die Steuereinnahmen ein. Deshalb haben OB Ude und Kämmerer Ernst Wolowicz im März eine Haushaltssperre verhängt.
Heute wird der Stadtrat in einer Finanz-Not-Sitzung entscheiden, was er sich noch leisten kann. Aber selbst hier ist der Spar-Zwang noch nicht in allen Köpfen angekommen. Denn heute geht es ausschließlich um Ausgaben, die der Stadtrat zusätzlich (!) zum Haushalt 2009 beschlossen hat. Das sind 30 einzelne Beschlüsse, die zusammen fast 60 Millionen Euro kosten.
„Die Finanzkrise ist im Bewusstsein der Bevölkerung und vieler Politiker noch nicht angekommen“, so ein Finanzfachmann im Rathaus. Denn eigentlich dürfte der Stadtrat die meisten Beschlüsse nur realisieren, wenn er an anderer Stelle Geld spart.
Die Lage: Statt 250 Millionen Euro Schulden zu tilgen, muss der Kämmerer 40 Millionen mehr auf Pump holen. Also ein Minus von fast 300 Millionen Euro. Dieses Jahr kommen rund 50 Millionen weniger Einkommensteuer und 400 Millionen Euro weniger Gewerbesteuer rein. Zusätzlich muss der Kämmerer 200 Millionen aus der Kasse nehmen. Die Zahlen werden täglich schlechter.
Willi Bock