Mieterhöhung wegen Preischeck auf Immoscout: unwirksam
München - Eine saftige Mieterhöhung flatterte im Mai 2017 einem Obergiesinger Mieter ins Haus. 1.367,58 Euro sollte die 98-Quadratmeter-Wohnung künftig kalt kosten. Statt 1.189,20 Euro wie bisher. Der Mieter widersprach. Die Vermieterin wollte die Erhöhung dann gerichtlich durchsetzen.
Doch ohne Erfolg. Das Amtsgericht sah den Mieter im Recht. Denn: Die Begründung einer schriftlichen Mieterhöhung mit einem Mietpreischeck der Online-Plattform "Immobilienscout24" erfüllt die formalen Anforderungen nicht.
Die Vermieterin hatte vor Gericht argumentiert, dass die Mieterhöhung der gesetzlichen Form genüge. Den Mietspiegel der Stadt hingegen könne man aufgrund fehlender Nachvollziehbarkeit nicht heranziehen. Da für München auch keine Mietdatenbank existiere und aufgrund von "Verfehlungen der Landeshauptstadt München auch keine Vergleichswohnungen gefunden" werden könnten, sei die Klägerin gezwungen gewesen, für die Begründung auf private Datenbanken zurückzugreifen. Die nunmehr verlangte Kaltmiete sei überdies auch ortsüblich und angemessen.
München von oben: Atemberaubende Ansichten
Mietspiegel seit Jahren in der Kritik
Der zuständige Richter fand das nicht nachvollziehbar. Der aus Zahlen von "Immobilienscout24" gewonnene Mietpreis-Check können nicht zur Begründung einer Mieterhöhung herangezogen werden, sagte er. Der Richter argumentierte unter anderem damit, dass es sich bei "Immobilienscout24" um eine Plattform handele, bei der Mietangebote nur "mit der einseitigen Preisvorstellung der Vermieterseite" verbunden sind. Schon das allein führe "naturgemäß zu einem höheren Quadratmeterpreis". Es sei nicht sichergestellt, dass die Mietverträge auch tatsächlich mit den eingestellten Preisvorstellungen abgeschlossen werden. Der Mietpreis-Check von "Immobilienscout" bilde nur die gegenwärtige Vermietervorstellung ab – und damit nicht die tatsächlich vereinbarten Mieten der vergangenen vier Jahre – wie vorgeschrieben.
Der Mietspiegel ist seit vielen Jahren politisch umstritten. Während etwa der Haus- und Grundbesitzerverein immer wieder kritisiert, die Mieten würden politisch gewollt niedrig gehalten, üben auch Mietervertreter immer wieder Kritik an dem Instrument.
Die Realität der Münchner Mieter werde schon deshalb nicht abgebildet, weil nur in den vergangenen Jahren abgeschlossene Mieten berücksichtig werden, heißt es dann. Weil also hunderttausende oft günstige Alt-Mieter gar nicht berücksichtigt werden, lägen die ermittelten Durchschnittsmieten weit über dem realen Durchschnitt des Münchner Mietmarkts.
Lesen Sie auch: Stadt ohne Plan - Gewofag lässt Grundstück vergammeln
- Themen:
- Gewofag