Mieter als Melkkühe

In der Politik gibt es viele Allgemeinplätze – sie werden bemüht, weil der Absender hofft, sie unwidersprochen im Raum stehen lassen zu können. Es dürfe in Deutschland keine Zwei-Klassen-Medizin geben, lautet eine solche Behauptung. Oder: Die Interessen von Mietern dürfen nicht zum Spielball von Spekulanten werden. Da nickt der Bürger. Statt dessen sollte er einmal genauer hinschauen: Denn natürlich ist es so, dass es in Deutschland schon längst eine Zwei-Klassen-Medizin gibt. Und es ist durchaus so, dass – gerade in München – die Interessen von Mietern hinter denen von Spekulanten zurückstehen müssen.
Künftig wird dies sogar noch häufiger passieren – und das liegt auch an einer Entscheidung, die vermeintlich ganz weit weg getroffen worden ist: der Zinssenkung der EZB. Wenn Geld billig ist, fällt Spekulieren leicht. Wenn alle anderen Anlagen nichts abwerfen, entdeckt auch die herzloseste Heuschrecke den treu zahlenden Mieter als Melkkuh. In Zeiten der Micker-Zinsen drängen Investoren auf den Münchner Markt. Einige wenige von ihnen bauen Wohnungen, die meisten kaufen Bestandswohnungen. Reiche Privatleute verdrängen alteingesessene Mieter, Konsortien strecken ihre Hände nach großen Gesellschaften wie der GBW aus. Da, Herr Seehofer und Herr Söder, helfen keine Allgemeinplätze mehr, sondern nur noch glasklare Zusagen an die Mieter!<QM>