Mietenkrise in München endlich besiegen
München - Ein Ein-Zimmer-Apartment, 31 Quadratmeter in einem Hochhaus im Westend, nicht möbliert, mit Nachtspeicherofen - dafür zahlt Juliane Schneider (Name geändert) 900 Euro kalt. Also fast 30 Euro pro Quadratmeter. Als sie den Mietervertrag abschloss, so erzählt Schneider, stand schon im Vertrag, die Mietpreisbremse könne nicht angewendet werden, weil schon der Vormieter über 800 Euro gezahlt hatte. Warum sie trotzdem unterschrieb? "Ich musste innerhalb von zwei Wochen eine neue Wohnung finden, nur so bin ich da gelandet." Zuvor hatte sie möbliert zur Untermiete gewohnt, wo sie plötzlich gekündigt wurde.
Mietwucher aufgedeckt: Vermieterin in Erklärungsnot
Wehren wollte sich Juliane Schneider trotzdem. Sie wandte sich ans Sozialreferat, mit der Bitte, ihren Fall auf Mietwucher zu prüfen. Nach einem aufwendigen Verfahren, in dem sie ihre Zwangslage belegen musste und ein ausführliches Mietwertgutachten der Wohnung erstellt wurde, teilte das Referat ihre Einschätzung, dass hier Mietwucher vorliege. Die angemessene Miete für das Apartment liege bei 395 bis maximal 435 Euro. Die Vermieterin muss sich nun der Behörde nun erklären.
Schneiders Fall ist ein extremer. Hat sie Erfolg, sieht die Vorschrift eine Absenkung der Miete und ein Bußgeld für die Vermieterin vor. Doch meist haben es Mieter schwer gegen Mietwucher vorzugehen. Der Mieter müsse seine Zwangslage beweisen, allein das sei eine große Hürde, so Monika Schmid-Balzert, Sprecherin der Kampagne Mietenstopp. Seit vielen Jahren schon würden Gerichte diese außerdem kaum noch anerkennen.
Eine Verschärfung des sogenannten Mietwucherparagrafen ist daher nur eine von mehreren Forderungen, die das Bündnis aktuell an die neue Bundesregierung stellt.
Mieten steigen weiter: Stärkere Maßnahmen zur Begrenzung nötig
Die Mieten müssen sofort und deutlich stärker, als im Koalitionsvertrag vereinbart, begrenzt werden, so die Kampagne. Indem vorhandene Instrumente scharf gestellt werden, aber auch neue geschaffen. Denn: Die Lage der Mieter, längst nicht mehr nur in Großstädten, ist angespannter denn je. Laut dem Immo-scout24-Wohnbarometer stiegen die Mieten für Bestandswohnungen 2021 bundesweit um durchschnittlich 4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr, bei Neubauwohnungen sogar um sieben Prozent.
Die überparteiliche Kampagne Mietenstopp, der viele kleine Mieterinitiativen aus ganz Deutschland, aber auch große Verbände wie der Paritätische Gesamtverband oder die Arbeiterwohlfahrt (AWO) angehören, fordert deshalb auch, die Mietpreisbremse bei Wiedervermietungen von Wohnungen zu verschärfen statt nur, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, zu verlängern. Bisher, so Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, habe sie nicht den erwünschten Effekt erzielt, weil es einfach zu viele Ausnahmen gebe.
Mietenstopp für viele die beste Lösung
Für Bestandsmieter sei zudem ein Mietenstopp für sechs Jahre die beste Lösung: Er würde die Mieten auf dem jetzigen Stand einfrieren. Die von der Ampel geplante Senkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen im Bestand von 15 auf elf Prozent in angespannten Wohnungsmärkten reiche nicht aus.
Regierung muss neues Vorkaufsrecht schaffen
Eine weitere zentrale Forderung: ein neues Vorkaufsrecht. "Mit ihm haben Kommunen aktiven Mieterschutz betrieben und sich nach Jahren der Privatisierung auch ein Stück Hoheit über ihre Stadtentwicklung zurückgeholt", sagt Lorena Jonas von der Initiative "23 Häuser sagen Nein". Nun sei es an der Politik schnell ein neues Vorkaufsrecht zu schaffen.
Maßnahmen für Bestandsmieter sind nach Ansicht der Mieter-Experten ein unverzichtbarer Baustein für bezahlbaren Wohnraum. Die Politik konzentriere sich stark auf den Wohnungsneubau. Das alleine werde aber die Wohnungskrise nicht lösen.
- Themen:
- München