Miese Noten im Zwischenzeugnis – was tun?

MÜNCHEN - Was Eltern, Schüler und Lehrer aus schlechten Zeugnissen für das zweite Schulhalbjahr lernen können – der ehemalige Schulberater der Stadt München gibt Tipps und Anregungen.
1,3 Millionen Schüler bekommen am Freitag in Bayern Zwischenzeugnisse. Doch nicht alle werden sich über die Noten freuen können. Und stellen sich mehr oder weniger hilflos die Frage: „Was tun bei Schulproblemen?“ Antworten hat Dietrich Köhn in seinem gleichnamigen Buch (Verlag J. Maiß, 12,80 Euro). Der Altphilologe und Germanist leitete über 20 Jahre die Schulberatungsstelle der Stadt München. Er hat Tipps, wie Eltern und Kinder mit dem Zwischenzeugnis umgehen sollen.
Der Kontakt: „Ein richtig böses Erwachen kann es beim Zeugnis nicht geben“, sagt Köhn zur AZ. „Denn die Schule ist verpflichtet, dramatische Leistungsverschlechterungen schon lange vorher mitzuteilen.“ Wichtig sei, spätestens jetzt mit den Lehrern Kontakt aufzunehmen. „Es könnte ja sein, dass die mündlichen Noten am schlechten Zeugnis schuld sind“, sagt Köhn. Für den Besuch in der Elternsprechstunde sollten Erziehungsberechtigte allerdings ihre Rechte kennen. Zum Beispiel, dass die Lehrerin oder der Lehrer die Pflicht haben, Schülern und Eltern auf Nachfrage die mündlichen Noten zu nennen – jederzeit. Wer sich nicht so recht traut, kann sich auch erst einmal beraten lassen (siehe Info-Kasten).
Kümmern!
Die Eltern: „Anstatt die Kinder heute zusammenzustauchen, sollten Eltern sich erst einmal selbst an die Nase fassen“, rät Dietrich Köhn. „Und notwendige Konsequenzen für das zweite Schulhalbjahr auch bei sich selbst ziehen.“ Anhand des Hausaufgabenheftes, das jeder Schüler in Bayern führen muss, können Mütter und Väter immer sehen, was ihr Kind gerade in der Schule tut, was es auf hat und lernen muss. „Außerdem können Eltern bei der logistischen Planung helfen“, so Köhn. Wann wird wieviel Mathe gelernt, wann ist mehr Englisch gefragt? So kann man dem Schüler einen Lernplan aufstellen, an dem er sich orientieren kann. Wer mehr Hilfe braucht, kann über Nachhilfebörsen oder Tutorenprogramme ältere Schüler bitten. „Zur Not helfen ein paar Stunden teure Nachhilfe, um große Wissenslücken zu schließen“, meint der ehemalige Schulberater.
Die Schüler: „Es gibt kaum einen Jugendlichen, der nicht positiv reagiert, wenn man sich um ihn kümmert.“ Deswegen sollten Eltern auch einen eventuellen Schulwechsel überlegen, falls ihr Kind permanent überfordert ist.
Zwischenzeugnis als Chance
Die Lehrer: „Sie sollten sich heute auch fragen, ob bei ihnen die pädagogische Vermittlung stimmt, wenn sich Schüler verschlechtern.“ Und sie sollten auch zugeben, wenn sie nicht klar kommen. Engagement sei gefragt. „Lehrer, die nie gebrannt haben, können auch nicht ausbrennen.“
Das Fazit: „Alle sollten das Zwischenzeugnis als Chance sehen.“
Barbara Brießmann