Michi Käfer über Szene-Viertel: „Toll, wenn sich was rührt“

Feinkost-König Michael Käfer sagt in der AZ, warum das Glockenbachviertel so wichtig für München ist, ein Kneipenverbot nichts bringt – und Schwabing wirklich tot ist
von  Abendzeitung
Pfannkuchen vom Feinkost Käfer – besser nicht?
Pfannkuchen vom Feinkost Käfer – besser nicht? © Gregor Feindt

Feinkost-König Michael Käfer sagt in der AZ, warum das Glockenbachviertel so wichtig für München ist, ein Kneipenverbot nichts bringt – und Schwabing wirklich tot ist

München ist sein Zuhause, Lokale und Trends sind sein Spezialgebiet: Im AZ-Gespräch sagt Feinkost-König und Groß-Gastronom Michael Käfer, wo München tot ist – und wo es lebendiger denn je zugeht.

AZ: Herr Käfer, Sie wohnen in Bogenhausen. Hätten Sie Lust, jetzt ins Glockenbachviertel zu ziehen?

MICHAEL KÄFER: Ich sag’s mal so: Jedem muss klar sein, wo er hinzieht. Die Anwohner, die seit 30 Jahren im Glockenbachviertel wohnen, leiden natürlich gerade. Das ist für sie wie ein Schock, wenn ihr ruhiges Viertel plötzlich zum Ausgeh-Viertel wird. Wer jetzt hinzieht, will ja, dass es rund geht. Und dann ist es hier doch toll zu leben. Ich meine: München braucht ein Viertel wie dieses.

Warum?

Hier ist viel Action, ein Lokal steht neben dem nächsten. Für die Stadt ist das Glockenbachviertel unglaublich wichtig. Ich finde es toll, wenn sich was rührt. Da muss man echt froh sein. Außerdem prallen hier verschiedene Szenen aufeinander. Ob gay, jung oder kreativ. Der Mix ist fantastisch! Jede Stadt braucht ein kunterbuntes, wildes Viertel.

Trotzdem brauchen Sie selbst die Stille von Bogenhausen?

Bogenhausen ist extrem ruhig. Zum Glück aber nicht so ruhig wie Grünwald. Da könnte ich niemals leben. Für die Zukunft kann ich mir schon vorstellen, mir eine Wohnung in der Innenstadt zu nehmen. Ist doch toll, wenn man das Haus verlässt und schon in einer Bar steht. Alles vor der Tür zu haben, hat einen großen Reiz.

Sind Sie für ein Kneipenverbot im Glockenbachviertel?

Das ist Schmarrn! Wo es lustig ist, ist es eben auch lauter. Aber es stimmt schon: Das Glockenbach-Viertel erlebt gerade seinen Höhepunkt. Deshalb wird natürlich auch jetzt so etwas wie ein Kneipenverbot gefordert.

Wie geht es dort weiter?

Das bleibt noch ein paar Jahre angesagt, aber die Szene wandert weiter. Das ist normal, das war immer so.

Wo wandert sie hin?

Die Sonnenstraße hat sich super entwickelt. Weiter geht es jetzt ins Westend. Das hat Potential. Da können gute, schräge Typen für einen niedrigeren Preis noch eine Bar aufmachen. Oder in die Au. Auch dort werden aber ähnliche Probleme wie im Glockenbach-Viertel entstehen.

Welche Probleme?

Die Anwohner werden sich gestört fühlen, weil es jahrzehntelang so still war. Obendrein gibt es kaum Parkplätze. Extrem im Kommen ist übrigens auch das Bahnhofsviertel.

Das Bahnhofsviertel als nächstes Trend-Viertel?

Ja! Hier herrscht ein toller Kontrast. Es ist nicht so runtergekommen wie in anderen Städten. Kein Rotlicht, aber schon immer ein bisschen Amüsiermeile. Neben der schrecklichsten Döner-Bude macht eine coole Bar auf. Es gibt das Café Kosmos, das Salt, unser Postpalast wird sehr gut angenommen. Und es ist noch halbwegs günstig – so können neue Sachen entstehen.

Gibt es ein Trend-Viertel-Rezept?

Sicher hängt es von den Preisen ab. Viel entscheidender sind aber echte Typen, Persönlichkeiten. Solche, die auch ein anderes, schräges Publikum ins Glockenbachviertel gelockt haben. Leute, die nicht unbedingt viel Geld haben, aber sich anders anziehen, gut drauf sind und sich Mühe mit ihren Lokalen geben. Das war auch das Schwabing-Problem.

Ist Schwabing so tot, wie alle sagen?

Schwabing ist wirklich tot. Da gibt es auch nichts schön zu reden. Ich glaube auch nicht, dass es ein Comeback erleben wird.

Woran liegt’s?

In Schwabing war es früher toll, jetzt sind hier nur noch Kommerz-Buden. Es ist uncool, proletig geworden. Die Gastronomen geben sich keine Mühe. Schwabing ist wie Ballermann light. Nur, wer Ballermann-Stimmung erleben möchte, kriegt diese nicht mit – weil zu wenig Leute da sind.

Wo gehen Sie selbst am liebsten weg?

Wenn ich mal Zeit habe, dann ziehe ich mit meiner Frau schon durchs Glockenbachviertel. Da ist immer was los – und es ist immer lustig.

Interview: Kimberly Hoppe

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