Michael Ruoff: Er soll Münchens FDP retten

München - Im Rathaus gilt die FDP als Autofahrerpartei. Da mag es wenig überraschen, dass auch der neue Stadtvorsitzende betont: "Ich überhole gern." Nur: Der Mann spricht nicht vom wunderbaren Gefühl, das Gaspedal durchzudrücken. Sondern davon, dass es an vielen Stellen in München breitere Radwege brauche - damit man auch mal vorbeiziehen kann.
Liberale Münchner wählen gerade lieber Grün
Michael Ruoff (44) will als eigener Kopf wahrgenommen werden. Und dazu bekommt er nun häufiger die Gelegenheit, Mit etwa 80 Prozent der Stimmen ist er kürzlich zum neuen München-Chef der FDP gewählt worden, zum Nachfolger von Fritz Roth, der schon länger angekündigt hatte, aufzuhören. Die FDP steckt bekanntlich recht tief in der Krise. 1.400 Mitglieder hat sie in München, das ist per se nicht schlecht. Aber bei Wahlen bleibt sie oft weit hinter den Erwartungen, auch den eigenen, zurück. Das liberale Münchner Bürgertum, es wählt inzwischen offenbar oft lieber Grün. Die FDP? Bäh, lieber nicht! Bei der Stadtratswahl kam man nur auf karge 3,1 Prozent - und sah sich gezwungen, im Rathaus mit der Bayernpartei zusammenzuarbeiten, um überhaupt Fraktionsstatus zu erreichen.
Zustimmung von allen Seiten
Die Bayernpartei als Partner und dazu der Plan, liberale Großstädter zu erreichen: Passt das zusammen, Herr Ruoff? Der neue Parteichef sagt, er habe vor, dieses Bündnis kritisch zu begleiten. Grundsätzlich habe er aber seinen Frieden damit gemacht. Die Bayernpartei sei in den vergangenen Monaten nicht mit Äußerungen aufgefallen, die nicht mit der FDP vereinbar sind, betont er.
Ruoff ist offenbar einer, dem in der Münchner FDP viele zutrauen, die Partei durch unruhige Zeiten zu führen. Wo man sich auch umhört, die neue Rolle wird ihm zugetraut - eigentlich erstaunlich für einen wie Ruoff, der ja weder im Stadtrat, noch im Landtag Erfahrungen sammeln konnte. Aber: In der Münchner FDP ist Ruoff, einst Landesvorsitzender der Jungen Liberalen, ein bekannter Mann - und ein hochgeschätzter obendrein. Aus familiären und beruflichen Gründen hat er sich die vergangenen Jahre zurückgenommen - aber alle trauen ihm zu, die Bandbreite der Partei abzubilden.
Auch Digitalisierung und Klimathemen stehen auf Ruoffs Agenda
Er gilt als Marktwirtschaftler, als einer, der sich aber auch für die gesellschaftspolitischen Fragen interessiert und - Stichwort Radwege! - unideologisch agieren will. So kann der Mann fast wie ein Grüner klingen. Aber auch sehr, sehr klassisch FDP. Wenn man zum Beispiel die Frage stellt, was die wichtigsten politischen Themen für die nächsten Jahre sind, dürfte anderen Münchner Parteivorsitzenden die Antwort, dass man junge Leute in Schulen vermitteln solle, was es bedeutet, Unternehmer zu sein, eher nicht einfallen. Ruoff aber sagt genau das.
Aber auch über Digitalisierung will er im anstehenden Bundestagswahlkampf diskutieren und über den Klimawandel. Ob es ein Nachteil ist, dass er kein Mandat hat? Nein, sagt Ruoff, das habe bei der Münchner FDP Tradition - und so könne er sich dem Parteivorsitz neben seiner Arbeit als Rechtsanwalt angemessen ausführlich widmen. Landes-FDP-Chef Daniel Föst unterstützt Ruoff ausdrücklich. "Wir brauchen da jemanden, der anpackt, der sich das zutraut", sagt er. "Ich halte große Stücke auf Michael Ruoff, er ist da der richtige Mann."
Endlich breitere Radwege für München?
Und der will eben auch breitere Radwege. Aber nicht nur. Die Autofahrer würden systematisch benachteiligt, schimpft Ruoff. Weil das außer der FDP niemanden mehr interessiere, werde man zwangsläufig als Autofahrer-Partei wahrgenommen. Aber vielleicht ja bald auch mal ein bisserl als Radfahrer. Je nachdem, wann Ruoff, der Mann von der Überholspur, das erste Mal tatsächlich laut nach breiteren Radwegen ruft.