Messies, Mietnomaden: Müll und Chaos statt Miete
Wie Nomaden ziehen sie von Wohnung zu Wohnung – und hinterlassen kein Geld,
München - „Beste Kleidung, bestes Auftreten. Ich habe noch zu meiner Frau gesagt: ,Endlich mal eine nette Mieterin und so anständige Kinder’.“ Hier irrte Anton Schwarzmaier.
Die Miete zahlte die Frau unter fadenscheinigen Vorwänden gar nicht und als der Vermieter seine Mieterin im April 2010 nach einem halben Jahr endlich aus der Starnberger Wohnung rausbekam, wurde erst das ganze Ausmaß seines Schadens klar.
Die Frau hatte mit zwei Kindern und acht Katzen übel gehaust. Schwarzmaier fand 60 bis 70 Müllsäcke vor, die von den hungrigen Katzen aufgeschlitzt worden waren. Der eingedrungene Katzenurin sorgte dafür, dass das Parkett vollständig erneuert werden musste. Schwarzmaier war an eine Mietnomadin geraten, die große Geißel privater Vermieter. Sein Schaden: 25000 Euro.
Wie groß ihre Zahl ist, weiß niemand genau. Der Schaden, den Mietnomaden anrichten, wird in Deutschland auf jährlich etwa 200 Millionen Euro geschätzt. Für den einzelnen Vermieter aber kann das Ausbleiben der Miete ein existentielles Problem werden. „Und zwar dann, wenn er nur eine Wohnung vermietet und die die Miete gerade einmal kostendeckend ist“, erklärt Rudolf Stürzer, Chef der Münchner Haus und Grund. Ohne Reserven tritt dann der Gau ein: die Zwangsversteigerung.
Schwarzmaier hatte Glück. „Ich musste bluten, aber ich hatte noch einen Notgroschen.“ Die Versteigerung seines Eigentums blieb ihm erspart.
Zwar ist die Zahl der Mietstreitigkeiten über die Jahre mit etwa 8500 Fällen pro Jahr konstant geblieben, auch Zwangsversteigerungen (2010 waren es 343) sind in München eher rückläufig, aber: „Die Dunkelziffer ist sehr groß“, sagt Stürzer. Die Zahl der Probleme sei steigend. Stürzer kennt viele Fälle. In Neuhausen hinterließ ein Mieter in der Wohnung nur Dreck, Gestank und einen Schaden von 45000 Euro.
Besonders drastisch auch ein Beispiel aus Bogenhausen: Kotgeruch war im August aus einer Wohnung gedrungen, der Mieter aber auf Reisen. Was die besorgte Eigentümerin dann vorfand, spottet jeder Beschreibung. Die Toilettenschüssel war bis zum Rand zugekotet, auch neben und hinter dieser fand sich Kot und Urin. Wohn- und Schlafzimmer waren voller Unrat, unter den Kleiderbergen lagen Pizzareste und verschüttete Cola.
Mit den Vorwürfen konfrontiert, gab der Mieter vor, dass die Spülung nicht funktioniert habe und er überstürzt auf eine Vereinsreise aufgebrochen sei. Deshalb die Berge von dreckigem Geschirr, deshalb das stinkende Klo. Doch die Spülung funktionierte einwandfrei.
Vor allem private Vermieter sind von dem Problem betroffen. Der Grund: Sie versäumen es oft, sich abzusichern. Aber auch Profis können sich täuschen lassen.
Thomas Holzapfel – er verwaltet in München zehn Mietshäuser mit rund 200 Wohnungen – ist auf einen Hochstapler reingefallen. „Der Mann kreuzte mit einer Sportwagen und einem Bündel 500-Euro-Scheine auf. Davon habe ich mich blenden lassen“, gibt er zu. Der Mieter zahlte nicht, die später ausgehandelte Wiedergutmachung ging für Anwalts- und Gerichtskosten drauf.
Große Sicherheiten verlangt Holzapfel nach wie vor nicht, verlässt sich bei seinen meist studentischen Mietern auf sein Bauchgefühl. Und fährt meistens gut damit.
Trotzdem ist die Gefahr, auf einen Mietnomaden zu treffen, nicht gering. „Nur ein Drittel der privaten Vermieter lassen sich ausreichend Unterlagen vorlegen“, berichtet Ingrid Kaps, Sprecherin des Amtsgerichtes. Und: „Oft warten die Vermieter zu lange, bis sie mit Kündigung reagieren, da sie hoffen, die Mieten schon noch zu bekommen.“
Anton Schwarzmaiers Mietnomadin hatte es kurz darauf bei einem anderen Starnberger Vermieter versucht. Doch der wurde nun gewarnt – und zeigte die Frau wegen Betruges an.
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