Messerattacke in der Blumenau: „Es war keine Notwehr“
BLUMENAU - Was geschah wirklich in der Blumenau? Ein unabhängiger Zeuge berichtet von der Auseinandersetzung - und widerspricht den Ermittlungsergebnissen der Polizei. Staatsanwaltschaft und Beamte ermitteln weiter.
Handelte Branko wirklich in Notwehr? So ganz sicher scheint sich Staatsanwalt Wolfgang Beckstein nicht mehr zu sein. „Nach bisherigen Erkenntnissen: ja. Aber wir sind noch nicht am Ende der Ermittlungen.“ Noch immer bleibt die Frage, wieso es zu der Messerstecherei in der Blumenau kam, nach der der 24-jährige Eftal K. starb.
Thomas M. (Name von der Redaktion geändert) radelte an dem Tag mit einer Freundin durch die Blumenau, der 27-Jährige erlebte die Tat hautnah mit – und widerspricht der Version der Polizei: „Es war hundertprozentig keine Notwehr.“ Nächste Woche wird er bei der Mordkommission aussagen. „Er (Branko, d. Red.) hat schon auf der Straße das Messer gezogen.“
Serkan A. (Name von der Redaktion geändert) ist in der Blumenau aufgewachsen, heute leben die Eltern des 26-Jährigen dort. Serkan A.s Bruder war vor Ort, er kritisiert: „Die Zeugen in der Eisdiele haben die Vorgeschichte gar nicht mitbekommen.“ Aufgrund ihrer Aussagen ließ die Polizei Branko einen Tag nach der Tat frei – er habe aus Notwehr gehandelt und in Bedrängnis zugestochen. „Er hat das gestanden“, sagt Beckstein. „Und das Messer war kein verbotenes“, sagt Beckstein.
„Der kleine Bruder von Branko soll von einem Türken geschlagen worden sein“, sagt Serkan A., daraufhin soll Branko den jungen Mann angerufen und bedroht haben: „Ich bring’ dich um!“ Die Gruppe von zehn bis 20 Türken, die laut Polizei auf Branko losgegangen sind, beschreibt Serkan A. als „Kinder, Zwölfjährige“. Als Branko das Messer gezogen hat, seien sie mit der Situation einfach nicht klargekommen. „Eftal wollte nur helfen und ihm das Messer abnehmen. Branko soll nicht einfach so davonkommen“, sagt Serkan A. „Es ist ein Skandal.“
Verdeckte Schutzmaßnahmen - um Racheakte zu unterbinden
Laut Staatsanwalt Beckstein wird die Polizei die Blumenau genau beobachten – „es gibt auch verdeckte Schutzmaßnahmen, um Racheakte zu unterbinden“, sagt er. Behauptungen, dass sich Beamte in Streifenwagen nicht in das Viertel trauen, widerspricht Wolfgang Wegner von der Polizei: „Wenn es sein muss, gehen wir auch zu Fuß da hin.“
Vier Personen, die an der Schlägerei beteiligt waren, sind weiterhin in Haft. Dazu hat die Polizei noch zwei weitere festgenommen, drei Personen wurden wegen Strafvereitelung vorübergehend eingesperrt. Ermittlungen wegen versuchten Totschlags oder Mordes laufen. Auch Branko soll noch einmal vernommen werden.
Christoph Landsgesell