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Messerattacke auf Muslime in München – Täter hörte Stimmen und fürchtete Mossad-Entführung

Ein Münchner sticht auf offener Straße auf zwei Männer ein, die er für Muslime hält. Vor Gericht wird deutlich: Er handelte im Wahn. Das hat Folgen für das Urteil.
von  John Schneider
Nach einem Messerangriff auf zwei Passanten läuft vor dem Landgericht München I ein Sicherungsverfahren gegen den mutmaßlichen Täter, der aus Hass auf Muslime gehandelt haben soll. (Archivfoto)
Nach einem Messerangriff auf zwei Passanten läuft vor dem Landgericht München I ein Sicherungsverfahren gegen den mutmaßlichen Täter, der aus Hass auf Muslime gehandelt haben soll. (Archivfoto) © Felix Hörhager/dpa

München – Die Hände tief in den Taschen seines schwarzen Kapuzenpullis vergraben, geht sein Blick nur nach oben, wenn ihn die Richterin direkt anspricht. Ansonsten wirkt Werner P. (41) bei der zweistündigen Begründung des Urteils gegen ihn phlegmatisch, beinahe unbeteiligt.

Das Schwurgericht unter dem Vorsitz von Elisabeth Ehrl ordnet am Dienstag die Unterbringung des Mannes in der Psychiatrie an – wegen gefährlicher Körperverletzung. Wegen seiner paranoiden Schizophrenie sei Werner P. aber schuldunfähig. Seine Fähigkeit, das eigene Handeln zu kontrollieren, sei wegen der schweren psychischen Krankheit aufgehoben gewesen, erklärt Ehrl.

Richterin: Opfer leiden bis heute

Der 41-Jährige hatte am 23. Juli des vergangenen Jahres in einer Pasinger Einkaufsstraße am Bahnhof zwei Männer (18 und 25) mit dem Messer attackiert und schwer verletzt. Die Attacke hatte aber vor allem schwerwiegende psychische Folgen. Die beiden Männer seien "aus ihrem normalen Leben gerissen und leiden bis heute unter den Folgen des Angriffs“. Ihr Verhalten und ihr psychischer Zustand seien stark beeinträchtigt.

Werner P. hatte zunächst auf einen Passanten, den er für einen Muslim hielt, plötzlich und hinterrücks eingestochen. Danach läuft er weiter zu einem Friseursalon. Dort attackiert er mit der knapp elf Zentimeter langen Klinge einen weiteren Mann. Auch den hält Werner P. für einen Muslim.

Irrationaler Hass auf Muslime

Wegen seines irrationalen Hasses auf Muslime habe der 41-Jährige zugestochen, so das Gericht. Die Opfer haben dem Feindbild des Verurteilten entsprochen. In seinem Wahn habe er eine "Angst vor Israel“ entwickelt, gepaart mit rechtsextremen Verschwörungsideologien. Er glaubte, vom israelischen Geheimdienst Mossad überwacht und manipuliert zu werden.

Tatrekonstruktion der Münchner Kriminalpolizei: Das Landgericht München I verhandelt im Fall eines Messerangriffs auf zwei Muslime in München im Juli 2024. (Archivfoto)
Tatrekonstruktion der Münchner Kriminalpolizei: Das Landgericht München I verhandelt im Fall eines Messerangriffs auf zwei Muslime in München im Juli 2024. (Archivfoto) © Felix Hörhager/dpa

Angeklagter fürchtete sich vor Entführung durch Mossad 

Nach Angaben eines psychiatrischen Sachverständigen zum Auftakt des Verfahrens fürchtete sich der 41-Jährige auch vor einer Entführung durch Israels Auslandsgeheimdienst Mossad und trank über den Tag verteilt zwölf halbe Bier. Zudem hatte der Mann dem Sachverständigen zufolge kommentierende Gedanken, als würde sich ein Polizist in seinem Kopf befinden. Ob diese Stimmen auch bei der Tat eine Rolle spielten, ließ sich nach Angaben des Experten nicht herausfinden.

Die Verteidigung neben dem Angeklagten: Nach einer Messerattacke auf zwei Männer wird vor dem Landgericht München I ein Urteil erwartet. (Archivbild)
Die Verteidigung neben dem Angeklagten: Nach einer Messerattacke auf zwei Männer wird vor dem Landgericht München I ein Urteil erwartet. (Archivbild) © -/München.TV/dpa

Der 41-Jährige war von der Verschwörungserzählung überzeugt, Juden hätten als Rache an Deutschland die massenhafte Einreise von Muslimen in die Bundesrepublik organisiert. Werner P. habe deshalb beschlossen, dass Deutschland von Muslimen "befreit“ werden müsse, verfasste ein Manifest mit dem Titel "Der Plan“. Zum Schluss der Urteilsbegründung wendet sich die Richterin noch mal direkt an den 41-Jährigen. Die Unterbringung sei eine Chance, sagt sie. Doch dafür müsse er sich gegenüber den Therapeuten öffnen. Werner P. hebt den Kopf, schaut sie an. Ob er den Rat annimmt?

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