Messer-Attentat auf Schriftsteller in Schwabing
Pedro Galvéz (70), einst in der DDR der Übersetzer von Walter Ulbricht, wird vor seinem Haus niedergestochen. Aus politischen Motiven? Die Polizei sucht nun nach einem sehr kleinen Mann.
SCHWABING Der Attentäter hat im Innenhof eines Mietshauses an der Schleißheimer Straße gelauert. Als Pedro Galvéz (70) am Montagabend nach Hause kommt, spricht ihn der Unbekannte kurz an und sticht dann sofort zu. Schwer verletzt bricht der in München lebende spanische Autor zusammen. Der Attentäter flüchtet.
Was hinter dem mysteriösen Mordanschlag steckt, ist unklar. Möglicherweise war es ein politisch motivierter Anschlag. Galvéz war Kommunist. Als persönlicher Übersetzer von Walter Ulbricht hat er früher in der DDR gelebt.
Nur um Haaresbreite ist Galvéz dem Tod entkommen. Schwer verletzt liegt er im Krankenhaus. Die Klinge traf ihn in den Oberkörper und im Halsbereich. „Der Angriff erfolgte so schnell“, erklärt Markus Krauss, Chef der Münchner Mordkommission, „das Opfer hatte hatte keine Chance, sich zu verteidigen.“
Die Tatwaffe hat die Kripo sichergestellt. Der Täter hat sie im Hof des Mietshauses weggeworfen. Mit Maintrailerhunden suchte die Polizei gestern die Gegend ab. Über das Messer nahm einer der Hunde die Fährte auf. Er führte die Fahnder über die Agnes- und die Adelheidstraße zum U-Bahnhof Josephsplatz. Offenbar ist der Attentäter mit der U-Bahn entkommen.
Der Täter ist nicht größer als 1,65 Meter
Die Polizei überprüft die Aufzeichnungen der Überwachungskameras. Gesucht wird ein auffallend kleiner Mann. Er ist nicht größer als 1,65 Meter. Er trug einen dunklen Parka oder eine Bomberjacke sowie eine dunkle Strickmütze. Sein Gesicht war mit einem weißen Tuch oder Schal vermummt.
Möglicherweise hat sich der Gesuchte bereits Tage vor der Messerattacke in dem Schwabinger Mietshaus herumgetrieben, in dem Pedro Galvéz zusammen mit seiner Lebenspartnerin wohnt. Zeugen berichteten, ihnen sei am Samstag ein Mann aufgefallen, der sich verdächtig benommen habe.
Von alledem ahnte Pedro Galvéz nichts, als er am Montagabend gegen 18.20 Uhr nach Hause kam. Im Innenhof kam ein Fremder auf ihn zu. Der Mann sprach mit madrilenischem Akzent. „Sind Sie Pedro Galvéz“, wollte er wissen, „ich habe ein Päckchen.“ Der Mann griff in seine Jacke. Doch statt einem Päckchen zog er ein Messer, mit dem er sofort zustach. Als Pedro Galvéz laut um Hilfe rief, flüchtete der Angreifer.
Pedro Galvéz ist Enkel des spanischen Dichters Pedro Luis de Galvéz, der 1940 vom Franco-Regime ermordet wurde. Der Enkel saß drei Jahre mit seiner Mutter im Gefängnis. Als Erwachsener schloss er sich den Kommunisten an, studierte in der DDR Ökonomie. Enttäuscht von den politischen Verhältnissen in der DDR floh er in den Westen. In den 70ern arbeitete er an der LMU München. bekannt wird Galvéz mit seinen Übersetzungen von Faust I und II, von Heine und den Märchen der Gebrüder Grimm. Zu seinen bekanntesten Werken zählt der historische Roman „Ich, Kaiser Nero.“
Ralph Hub