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Detektivspiel „Der da Vinci Tod“: Das Murder Mystery Dinner im Bamberger Haus.
Familientreffen haben immer etwas Heikles. Aber wenn Franckie einlädt, muss man einfach kommen. Und schließlich stimmt das Ambiente, hier im neobarock angehauchten Luitpoldsaal, in der bel ètage des Bamberger Haus’. Außerdem gibt es einiges zu klären, denn Luigi da Vinci wurde erschossen, der Padrino, der Pate - und wer soll in der ehrenwerten Gesellschaft der da Vincis jetzt den Ton angeben? Eines steht fest: Jedenfalls nicht der Mörder. Nur, dass jeder den anderen für den Täter hält. Und weil sich alle hassend belauern, würde die Luft schnell bleihaltig.
Aber schon an der Eingangstür wurden wir von Frankie mit Metalldetektoren abgetastet: Vertrauen ist gut, Kontrolle besser. Und so sitzt man bald mit einem guten Dutzend anderer Unbeteiligter an einem der fünf sternförmig angeordneten Tafeln, jede gehört einem Familienzweig der da-Vinci-Sippe und am Kopf sitzt jeweils das wichtigste Familienmitglied: der sexy Angelina- Tumb-Raider-Jolie-Verschnitt Ari Vederci (Kerstin Redl), Strippenzieher Frankie Laudatio (Christoph Daigl), der bigotte Überheblichkeits- Intellektuelle Valentino Dante (Thomas Herr), der prollige Goldkettchenkiller und Bastardsohn Luigi des toten Boss und Donna Wetta (Stefanie Wolf), die Opern-Soubrette mit dem hysterisch falschen Kampfhund-Lächeln. Jeder Familientisch bildet ein Detektivteam.
Nach der Minestrone die klassische Exposition: Die Da- Vincis referieren streitend die Fakten des Mordes im Sicherheitstrakt. Die ersten Beweismittel werden im Raum verteilt, man beginnt zu rätseln, Fragen zu stellen und am Caprese- Salat mit Pinienkernen zu kauen. Um den Hauptgang (Saltimbocca mit Zucchini) herum sind alle fünf Verdächtigen bereits zu Wort gekommen - mit ihrer Version, die immer die anderen verdächtig erscheinen lässt. Man geht von Tisch zu Tisch, um Erkundigungen bei den Nachbarn einzuholen oder den rekonstruierten Tatort-Schreibtisch unter die Lupe zu nehmen.
Vor dem Dessert (Panna Cotta) gelingt am Tisch sogar die Dechiffrierung eines verschlüsselten Textes des toten Chefs, der brisante Mordaufträge enthält. Und dennoch sitzen die routinierten Schlaumeier am Nebentisch und tischen am Ende befragt ihre Version auf - die richtige. Und am Ende scheint alles ganz logisch, nur dass man selbst eben vernagelt war, weil es eben auch falsche Fährten gibt. Und mit Witz und Ironie lebt hier - nicht buchstabentrocken, sondern live - die Sherlock-Holmes-Tradition des klassischen "Who-Doneit?- Krimis auf. Sehr amüsant, lässig herausfordernd, spannend, aber nie penetrant, ist man hier in einer wunderbar grellen Fantasie-Mafiawelt für drei Stunden gefangen. Und am Ende ist neben dem Mörder aber noch etwas klar: Im schönen Bamberger Haus kann man nicht kochen - zumindest nicht italienisch.
Adrian Prechtel