Meine Vermieterin wollte mich bei lebendigem Leib verbrennen
MÜNCHEN - Prozess wegen Mordversuch: Weil Hannelore M. nicht aus ihrer Wohnung in Tegernsee raus wollte, griff die Vermieterin zu drastischen Mitteln. Gemeinsam mit ihrem Bruder brach sie laut Anklage in die Wohnung der Mieterin ein, verprügelte die Frau und wollte sie noch anzünden.
„Ich habe Glück, dass ich noch lebe.“ Mit blutunterlaufenen Augen und einem von Schlägen stark geschwollenem Gesicht wachte Hannelore M. am 29. März im Krankenhaus wieder auf. Ihre Vermieterin, davon ist die Münchner Staatsanwaltschaft überzeugt, hatte am Vorabend mit zwei Männern versucht, die 63-Jährige aus ihrer Wohnung in Tegernsee zu werfen, notfalls sogar sie zu töten. Passanten verhinderten, dass der Plan umgesetzt wurde. Wegen versuchtem Mord stehen Irmgard K. (56) und ihr Bruder Franz K. (60) ab heute vor dem Münchner Landgericht. Mittäter Joachim L. (48), der im Wagen wartete, muss sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten.
Angst um ein gutes Geschäft
Die Vorgeschichte: Laut Anklage hatte Vermieterin Irmgard K. am 10. August 2007 ihr Anwesen verkauft. Bedingung für den Kaufvertrag war aber, dass sämtliche Mieter bis 31. August 2008 das Haus zu räumen hatten. Bei allen anderen Mietern war das kein Problem, allein Hannelore M. bestand darauf zu bleiben. Die 63-jährige Mieterin hatte trotz Räumungsklage in ihrer Einliegerwohnung in Tegernsee ausgeharrt, weil sie keine andere Wohnung gefunden hatte. Die Käufer drohten nun mit Auflösung des Vertrags, die Vermieterin fürchtete laut Fahndungs-Ergebnissen um ihr gutes Geschäft und griff zu drastischen Mitteln. Gemeinsam mit ihrem Bruder und einem bekannten Immobilienmakler soll sie die unwillige Mieterin überfallen haben, um sie aus der Wohnung zu werfen. Nach bisherigen Erkenntnissen spielte sich Folgendes ab: Während Joachim L. im Auto wartete, brachen Irmgard K. und Franz K. die Wohnungstür auf, schlugen die Mieterin mit Fäusten und einem Holzscheit. Sollte sie sich weiter weigern, planten Irmgard K. und ihr Bruder an diesem 28. März, die Frau sogar zu töten und eine Selbstverbrennung vorzutäuschen. Ließ sie sich nach den Schlägen aber „überreden“, sollte der Bekannte die Frau zum Bahnhof fahren.
Passanten hörten die Hilferufe
Doch Hannelore M. blieb offenbar uneinsichtig. „Sie hat mich mit Benzin übergossen“, erinnert sie sich. 1,5 Liter hat Irmgard K. laut Anklage auf dem Körper der Mieterin verteilt. Allein die Furcht vor möglichen Schäden an der Wohnung brachte die beiden Angreifer dazu, ihren Plan nicht an Ort und Stelle umzusetzen. Stattdessen wollten sie Hannelore M. in den Wald fahren, um sie dort anzuzünden. Die Angreifer zerren sie raus, Hannelore M. klammert sich an einen Pfosten und schreit. „Mir war klar, das ist meine letzte Chance.“ Tatsächlich hören Passanten die Hilfeschreie, alarmieren die Polizei. Das brutale Entmietungs-Trio flieht. Die Passanten schaffen Hannelore M. ins Krankenhaus. Die unbeugsame Mieterin überlebt – wenn auch schwer verletzt – den Anschlag auf ihr Leben. In drei Prozesstagen steht sie nun ihren Peinigern noch einmal gegenüber. Ein Urteil wird am 9. Januar 2009 erwartet.
John Schneider
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