Mein München Marathon: Perfekt gelaufen

Mitten unter Elftausend: AZ-Redakteur Ralph Hub hat sich beim München Marathon durch 42 Kilometer gequält – hier schreibt er, wie’s war.
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AZ-Redakteur Ralph Hub beim Start des München Marathon.
Gregor Feindt AZ-Redakteur Ralph Hub beim Start des München Marathon.

Mitten unter Elftausend: AZ-Redakteur Ralph Hub hat sich beim München Marathon durch 42 Kilometer gequält – hier schreibt er, wie’s war.

Der Olympiapark ist nass vom Regen der letzten Nacht. Kühl pfeift der Wind über die Köpfe der Läufer. Ich will zurück in mein warmes Bett. Zu spät. In ein paar Minuten startet der 24. München Marathon.

„Nehmt’s an Block B, vorn laufen die Narrischen“, witzelt der Moderator. Rund 11000 Läufer sind bei Marathon, Staffel und über die 10er Distanz gemeldet. Neidisch denke ich an meine Familie. Christine und die Kinder gehen gleich Frühstücken. „Mach’s gut alter Mann“ spottet mein Julian (14) augenzwinkernd. Am Marienplatz und in Schwabing wollen sie auf mich warten.

„Funhouse“ von Pink hämmert aus den Boxen. Ob ich heute viel zu lachen hab? Ich glaub’s nicht. Dann kracht der Startschuss und alle rennen los. Im Handumdrehen sind wir in Schwabing. Der Wind fegt leere Wasserbecher über die Leopoldstraße. An der Strecke stehen trotz der Kälte jede Menge Zuschauer. Die Läufer aus dem ersten Startblock kommen uns schon wieder entgegen. Das Feld hat hinter der Staatsbibliothek gewendet. Spindeldürre Typen mit einer Mörderkondition. Mithalten? Undenkbar!

Wir rennen in die „grüne Hölle“. So hieß der Englischen Garten früher, als man ihn gegen Ende des Marathons lief und entsprechend fertig war.

Vor mir zwei ältere Herren: „Ich bin zuletzt fünf mal ’nen Halbmarathon gelaufen“, erzählt der eine. Glückskind. Ich hab’ am Schreibtisch trainiert.

Herzogpark und Bogenhausen liegen bald hinter uns. Jetzt beginnt die Durststrecke, wie manche spotten. Die Gegend ist eintönig. Hinterm Cosimapark ist Halbzeit: 21 Kilometer. Alles läuft perfekt.

Wenig später hetzten wir am SZ-Hochhaus vorbei. Die Kollegen haben es gut, sitzen im Warmen und trinken Kaffee. Neben mir flirtet ein Pärchen. Süßholzraspeln bei Kilometer 26. "Wow, was machen die beiden wohl, wenn sie nicht Marathon laufen? Ich verkneif mir ein Grinsen.

Später in der Sendlinger Straße überkommt mich Wehmut. Wir hetzten an unserem alten Verlagsgebäude vorbei – inzwischen eine Baustelle.

Am Marienplatz wartet meine Familie. Christine hat eine Pulle Johannisbeerschorle für mich. „Campari?, fragt mein Nebenmann neugierig, Als er hört, dass es nur Johascho ist, zieht er enttäuscht ab.

Hastdunichtgesehen sind wir im Uni-Viertel. Immer öfter spüre ich meine Oberschenkel, die Schritte werden matter. Zähne zusammenbeißen. Karolinenplatz, Königsplatz – bin heilfroh, als wir zurück auf der Leopoldstraße sind. „Da ist der Papa“, schreit plötzlich meine Tochter aus der Menge. „Bäh, du bist ja klatschnass“, beschwert sie sich, als ich sie in den Arm nehmen will.

Noch fünf Kilometer. Das ist ein Trainingslauf, versuche ich mir einzureden. „Toll weiter so, ihr seht gut aus", rufen sie vom Straßenrand. Ist glatt gelogen, tut aber trotzdem gut.

„Zusammengebrochen, auf der Ziellinie, völlig dehydriert"- einige Gesprächfetzen dringen an mein Ohr. Dann traben zwei Männer an mir vorbei. Keine Frage, die sind scharf darauf, eine weitere Klinik kennen zu lernen.

Das Olympiastadion ist zum Greifen nahe. Noch gut 1000 Meter, das Marathontor. Ich lauf' die letzte Runde im Stadion, hol das Letzte aus mir raus. Geschafft, 42 195 Meter, endlich im Ziel. Irgendjemand hängt mir eine Medaille um. Endorphine rasen durch mein Hirn – auch wenn ich den Siegern wieder mal gnadenlos hinterhergelaufen bin. Gewonnen hat übrigens Maxim Sali aus der Ukraine (2:28:11), bei den Frauen Luzia Schmid aus Schweiz (2:53:07). Die hab’ ich ganz schön vor mir hergehetzt ...

Ralph Hub

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