Mehrere Diebstahl-Coups in München: Das Maibaumklaujahr

München - Keinen Tag hat das 27-Meter-Stangerl am Palmsonntag im "Augustiner Schützengarten" in Sendling gelegen – frisch aus dem Wald geholt, noch unbemalt in der Waagrechten zwischen zwei Schankbuden und ohne Taferl dran. Und, Kreuzkruzifix, da war der Maibaumrohling auch schon weggestohlen.
55 Mann klauten den Maibaum aus Sendling
Kurz nach Mitternacht hatten sich nämlich 55 Mannsbilder aus Gilching von zwei Seiten in den Biergarten eingeschlichen, das unbewachte Mordstrumm schwitzend und fluchend hochgelupft, 400 Meter durch den Wirtsgarten gewuchtet und draußen dann mit einem Bulldog, vorbildlich flankiert von der Gilchinger Feuerwehr, 25 Kilometer Richtung Westen aus der Stadt hinausgeschleppt. Zack, ins Versteck daheim in "Guiching".
Eine beispiellose Maibaumklauserie
Das ist nur eine Aktion einer beispiellosen Maibaumklauserie, die sich den ganzen April schon in und um München herum abspielt, im Vorfeld all der bevorstehenden Maifeiern. Allein, dass zwei Jahre lang coronabedingt Maibaumaufstell-Zwangspause war, führt heuer dazu, dass mehr Maibäume denn je neu in die Senkrechte müssen – alle paar Jahre werden Maibäume ja, weil morsch, erneuert.
Ausgehungerte Burschenvereine
Dazu kommt: Die Burschenvereine, die dem schönen Brauch des Maibaumstehlens so lang nicht haben nachgehen dürfen, sind ausgehungert. Als Auslöse, also fürs Baumzurückbringen, kann vom Bestohlenen immerhin viel Bier samt Brotzeit für alle Maibaumdiebe herausverhandelt werden, endlich also wieder feiern, brotzeiteln, prosten!
Auch in Gern wurde stibitzt
So erklärt sich auch, dass die Landjugend aus Inning am Ammersee in die Stadt eingefallen ist und den Maibaum vom Gelände des FT Gern, dem Heimatverein von Fußballweltmeister Philipp Lahm, in ihren Besitz gebracht hat. In der Ostersamstagnacht holten sich 40 Buam und Madln aus Ascholding (bei Wolfratshausen) den Maibaum der Thanninger.
Auslöse von 400 Litern Bier und 100 Brotzeiten
Ostersonntagfrüh schlugen dann die Putzbrunner und Harthauser Burschen bei den Nachbarn in Taufkirchen im Münchner Süden zu: Der Maibaum fand nur gegen eine Auslöse von 400 Litern Bier und 100 Brotzeiten den Weg zurück. Dann holten sich die Germeringer Burschen – zum vierten Mal – in München das Stangerl vom Sollner Maibaumverein, der ebenfalls neu aufstellen will. Erst eine Woche später kam das Trumm zurück, über die Auslöse ist offenbar Stillschweigen vereinbart.
In Ismaning wurde die Wachhütte zugenagelt
Besonders trickreich haben Unterföhringer und Moosinninger Burschen sich des Maibaums der Ismaninger im Münchner Norden bemächtigt, der auf dem Festplatz neben der Wachhütte versteckt war. Kurz vor dem Wachwechsel, heißt es, haben sie die Hüttentür zugenagelt.
Damit keiner herausflitzen, die Hand aufs Stangerl legen und sagen kann: „Der Baum bleibt hier!“ Das wäre, so sind die Regeln, das Ende der Diebesgaudi gewesen.
"Klautechnisch is brutal wos los"
Dass Stefan Ullmann, der Vize vom Burschenverein Harlaching, nur noch mit Augenringen anzutreffen ist, ist dann auch kein Wunder mehr. "Klautechnisch is brutal wos los", sagt er, aktuell ziemlich schlaflos. Seine Burschen stellen auf dem Laurinplatz einen neuen Maibaum auf.
Heißt, sie sind seit Wochen nicht nur am Entrinden, Hobeln, Schleifen und Schnüren (so nennt man das Aufmalen der blauen Spirale). Die Burschen und Madl müssen ihr Gaudistangerl auch 24 Stunden am Tag bewachen. Ullmann: "I bin echt scho fix und fertig."
Reichlich Festkonkurrenz
Dass am Ende jeder Maibaum seinen Weg in die Senkrechte findet und alles nach Plan läuft mit Tusch, Böller und Blasmusik, davon geht man trotzdem überall aus. Auch beim Sollner Maibaumverein, dessen Chef Reinhold Wirthl bis ins Oberland hat telefonieren müssen, um bei so viel Festkonkurrenz überhaupt eine Blaskapelle zu finden.
Die "Guichinger" Diebe sollen jetzt Bewacher werden
Der Maibaum vom Augustiner Schützengarten ist übrigens immer noch nicht zurück in Obersendling. Wirt Christian Schretzlmeier hat die "Guichinger" Diebe mit 25 Tragl Bier überzeugt, das Stangerl doch gleich selber in Gilching zu bewachen, bevor’s ihm vielleicht noch ein zweites Mal gestohlen wird. Heimkehren soll es in der Nacht auf Donnerstag. Schaumer mal, ob’s ankommt.