Mehr weibliche Wiesn-Besucher: „Die Frauen holen auf“
So weiblich ging’s auf der Wiesn noch nie zu, sagt die Statistik: Die Münchnerin kommt gern, trägt meistens Tracht – und ist auch mit der Anzahl der Maß nicht zimperlich.
AZ: Frau Weishäupl, ist die Wiesn nur ein Touri-Fest?
GABRIELE WEISHÄUPL: Ganz und gar nicht. Es ist ein typisches bayerisches Fest. Knapp zwei Drittel der Gäste sind Münchner, 72 Prozent leben in Bayern. Aus dem Ausland kommen nur 19 Prozent, primär Italiener und Amerikaner.
Zieht die Wiesn Männer und Frauen gleich an?
Fast. 51 Prozent sind Männer, 49 Prozent Frauen. Interessant ist, dass in den vergangenen zehn Jahren immer mehr Frauen kommen: 1999 waren es knapp 38 Prozent – jetzt liegen sie mit den Männern fast gleich auf. Dabei war der Anteil der Münchnerinnen immer höher als der der Auswärtigen. Knapp die Hälfte aller Frauen lebt in der Stadt.
Warum boomt die Wiesn bei Frauen?
Diese Form der Emanzipation hängt auch mit dem Ausgehverhalten junger Leute zusammen. Im Zelt findet Party statt. Den Reiz der Wiesn macht auch das Verkleiden aus, speziell für Frauen, die Pracht der Tracht! Vor zwanzig Jahren war das noch total out.
Für Sie wird es das 25. Oktoberfest als Festleiterin werden. Haben Sie immer gerne Tracht angezogen?
Vor Amtsantritt eher selten. Aber als ich 1985 angefangen habe, war ich neben den Kellnerinnen eine der wenigen im Dirndl. Ich musste mich zwar nie rechtfertigen, aber einmal hat eine Frau zu mir gesagt: „Sie können keine weiße Bluse tragen, die haben nur Bedienungen an.“
Hat das Mehr an Frauen die Wiesn verändert?
Das kann sich durchaus disziplinierend auswirken. Sie schlägern nicht, sie trinken nicht so viel. Die Wiesn ist generell softer geworden. Im Rahmen eines sanften Konzepts wurden der Wiesn auch Sicherheitsauflagen verpasst.
Was ändert sich heuer?
Der Security Point für Frauen wird am Samstag bereits um 15 Uhr öffnen. Und wir wollen das sogenannte Morgengrauen in den Griff bekommen. Am Wochenende stehen schon in den Morgenstunden Massen junger Menschen vor den Zelten und wollen rein. Viele haben in Diskotheken vorgeglüht, warten mit einem Alcopop auf den Einlass. Die Behinderung des Zulieferverkehrs und das Gedränge bis hin zur Panik versuchen wir heuer zu entzerren, indem wir sie über die Seiteneingänge einlassen. Aber das Problem betrifft nur einige Zelte.
Ist Komasaufen ein Problem?
Es ist kein Wiesn-, sondern ein gesellschaftliches Problem. Bei den Jugendlichen gibt es eine zunehmenden Hemmungslosigkeit, deren Gründe man tiefenpsychologisch erfassen müsste. Hier sind auch die Eltern gefordert.
Wo ticken Frauen auf der Wiesn anders?
Sie stört das Rauchen häufiger. 42 Prozent schimpfen darüber, bei den Männern sind es nur 37 Prozent.
Was ist mit dem Trinken?
Die Frauen holen auf. Als typisches Frauengetränk möchte ich die alkoholfreie Maß empfehlen. Und: Die großen Kaffeehäuser auf der Wiesn werden von Frauen dominiert.
Interview: A. K. Koophamel