Mehr Transparenz im Münchner Stadtrat? Ohne die CSU

Der Stadtrat will sich mehr Richtlinien für mehr Transparenz geben. Nur eine Partei ist dagegen: Die CSU zieht nicht mit.
von  Christina Hertel
Jeanne-Marie Ehbauer soll für die Grünen als neue Baureferentin ins Rathaus einziehen.
Jeanne-Marie Ehbauer soll für die Grünen als neue Baureferentin ins Rathaus einziehen. © imaog images/imagebroker

München - Stadtrat in München zu sein, ist ein Hobby. Viele der 80 ehrenamtlichen Münchner Stadträte arbeiten in einem ganz normalen Beruf. Da ist eine Lehrerin, ein Arzt, eine Dolmetscherin und da sind Juristen. Viele haben in ihrem eigentlichen Job eine Pause eingelegt oder arbeiten bloß noch in Teilzeit – weil sie so viel Zeit im Rathaus verbringen. Dafür bekommen sie eine "Entschädigung".

Ehrenkodex für den Münchner Stadtrat: Nur die CSU will nicht

Ein normales Stadtratsmitglied erhält 2.899 Euro brutto – plus Sitzungsgeld. Die Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen bekommen 5.720 Euro. Und die stellvertretenden Vorsitzenden bekommen je 4.308 Euro. Außerdem sitzen viele Stadträte in Aufsichtsräten, in Vorständen und Preisgerichten. Gezwungen, all das offenzulegen, sind die Stadträte allerdings nicht.

Eine breite Mehrheit des Stadtrates will, dass Interessenskonflikte künftig sichtbarer gemacht werden. Doch ausgerechnet eine Partei sträubt sich: die CSU. Als einzige Fraktion stimmte die CSU diese Woche dagegen, dass München bei Transparency International Mitglied werden und sich einen eigenen Ehrenkodex geben soll.

Neue Gesetze für mehr Transparenz

Aus rechtlichen Gründen ist es gar nicht so einfach, die Stadträte zu mehr Transparenz zu verpflichten. Um eine "Ehrenregelung für ehrenamtliche Stadtratsmitglieder" einzusetzen, müssten erst die bayerischen Gesetze geändert werden. Das Argument des bayerischen Datenschutzbeauftragten: Selbst, wenn es sich bloß um eine freiwillige Selbsterklärung handelt, wären Stadträte gezwungen, sich zu rechtfertigen, wenn sie ihre Daten nicht veröffentlichen wollen. Beschlossen hat der Stadtrat deshalb, dass sich der Oberbürgermeister bei der Regierung für eine Gesetzesänderung einsetzt.

Anfang nächsten Jahres wollen die Stadträte das Thema selbst vorantreiben – und zwar sollen dann nicht die einzelnen Stadtratsmitglieder eine freiwillige "Ehrenerklärung" abgeben, sondern die Fraktionen.

Tobias Ruff von der ÖDP stellt sich vor, dass dann trotzdem jeder erfahren kann, welchen Beruf die Stadträte ausüben, in welchen Gremien sie Mitglied sind und welchen Vereinen, Parteien und Aufsichtsräten sie angehören.

Auch Vergünstigungen und Geschenke, die einen Wert von 25 Euro übersteigen, wären in dem Ehrenkodex, den sich die ÖDP wünscht, nicht mehr erlaubt. "Alle außer der CSU wollen mitwirken", sagt Ruff. "Es gibt da offensichtlich ein unterschiedliches Wertesystem."

Für die CSU geht das zu weit

CSU-Stadträtin Evelyne Menges findet: "Das geht alles zu weit." Vieles sei doch eine ganz subjektive Angelegenheit. Wie viele Kinder ein Stadtrat hat, ob er geschieden oder verheiratet ist, oder an welchen Firmen er Aktienanteile hat – all das, müsse man doch in einem Unternehmen auch nicht offenlegen, sagt Menges.

Außerdem gebe es Arbeitgeber, die nicht wollen, dass öffentlich wird, welchen Parteien ihre Angestellten angehören. Sie fände es wichtiger, sicher zu stellen, dass die Stadträte nicht zu sehr von der Stadt München abhängig sind – zum Beispiel, weil sie in einer städtischen Wohnung leben. Wie viele Stadträte das betrifft, kann Menges nicht sagen. Aber dass es einige sein müssen, glaubt auch Tobias Ruff.

Menges glaube nicht daran, dass Offenlegungen helfen können, dass die Bürger wieder mehr Vertrauen in die Politik haben. Nur wie kann es dann gelingen? Das weiß Menges auch nicht. Man müsse eben als Person durch seine "Redlichkeit" überzeugen, meint sie.

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