Mega-Konzerte von Helene Fischer und Robbie Williams in München: Dienstleister wartet immer noch auf 75.000 Euro

München - Über ein Jahr ist es her, dass auf dem Messegelände in Riem drei große Konzerte stattfanden: Helene Fischer, Andreas Gabalier, Robbie Williams. Den Ärger von damals haben manche vielleicht vergessen: wie die Besucher bei Helene Fischer das Gelände verlassen mussten, weil ein Gewitter über sie hereinbrach, wie die Zuschauer nach Robbie Williams über zu teuere Karten und schlechte Sicht schimpften.
Für einen ist die Sache immer noch nicht abgeschlossen: Stephan Mahl verkabelte damals mit seiner Firma die Kassensysteme. Bis heute wartet er darauf, dass die Catererfirma "Braincandy Solutions" seine Rechnungen bezahlt. Es stehen noch rund 75.000 Euro aus.

Mega-Konzerte von Helene Fischer und Robbie Williams in München: Wie kam eine junge Catererfirma an die Aufträge?
Mahl hat inzwischen eine Zwangsvollstreckung eingeleitet, er denkt darüber nach, strafrechtlich gegen die Firma vorzugehen und er hat sich an die Abendzeitung gewandt. "Ich will die Kerle nicht mit allem durchkommen lassen", sagt er bei einem Treffen im Schwarzreiter, das ist das Restaurant unten im Hotel Vier Jahreszeiten an der Maximilianstraße. Mahl ist aus Norddeutschland angereist, eigentlich will er am Abend auf der Wiesn feiern. Vorher zeigt er Schreiben vom Gerichtsvollzieher und Pfändungsnachweise.
Um die Geschichte zu verstehen, muss man wissen: Noch nie zuvor fanden so große Konzerte mit über 100.000 Zuschauern auf dem Messegelände in Riem statt. Organisiert hatte sie der österreichische Konzertveranstalter Klaus Leutgeb. Er beauftragte damals Braincandy als "exklusiven Gastronomiepartner" der drei Messekonzerte. Referenzen hatte die Firma allerdings keine, sie wurde erst drei Monate vor den Konzerten ins Handelsregister eingetragen. Wie kommt eine so junge Firma also an so große Aufträge?

Goldene Sonnenbrille und geänderte Pläne: Vieles sorgte für Verwunderung
Der Geschäftsführer des Start-ups ist Tobias Fendt, ein Vorsitzender der Jungen Union im Südosten von München – aktiv im selben Kreisverband wie Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner, der die Idee, auf der Messe große Konzerte zu veranstalten, als erster öffentlich machte. Dass die Kontakte die fehlende Erfahrung wettmachten – das wiesen damals sowohl Tobias Fendt als auch der Wirtschaftsreferent und der Konzertveranstalter Leutgeb zurück.
Davon habe er nichts gewusst, sagt Stephan Mahl. Der Kontakt sei über einen Freund zustande gekommen. Im Nachhinein fällt Mahl aber doch viel Wunderliches ein: Dreimal sei er hin- und hergefahren und habe noch mehr Kabel besorgen müssen, weil sich ständig etwas am Aufbau änderte, erzählt Mahl.
Der Prokurist der Firma sei immer mit einem Hummer auf dem Festival-Gelände umhergefahren, mit Baustellen-Leuchte auf dem Dach, einem kleinen Hündchen auf dem Beifahrer-Sitz und goldener Sonnenbrille auf der Nase, erinnert sich Mahl. Der CSU-Stadtrat Thomas Schmid sei immer mit einem E-Bike auf dem Gelände umher gefahren.
Mahls Firma verlegt Kabel auf der ganzen Welt
"So etwas habe ich noch nie erlebt", sagt Mahl. Seine Karriere begann als Kabelträger beim NDR, ein Nebenjob während des Jura-Studiums. Inzwischen verlegt seine Firma für Olympische Spiele und Weltmeisterschaften auf der ganzen Welt die Kabel. Auch in Katar war er dafür verantwortlich, dass die Fernsehsender ihre Bilder bekamen.
"Andere Firmen würden sicher zugrunde gehen, wenn sie auf so viel Geld warten müssten", sagt Mahl. Für ihn waren die Messekonzerte eher ein kleinerer Auftrag: Bei einer Europameisterschaft beauftrage er um die 100 Mitarbeiter, für mehrere Monate und schreibt hinterher Rechnungen im mittleren siebenstelligen Bereich. Es geht also um Millionen.
Bei den Messekonzerten seien sechs Mitarbeiter für etwa zwei Wochen im Einsatz gewesen. Mahl stellte hinterher rund 120.000 Euro in Rechnung. Etwa 45.000 bezahlte Braincandy, auf den Rest wartet Mahl bis heute. Am 12. Oktober vor fast einem Jahr erinnerte er zum ersten Mal daran, dass seine Rechnungen noch offen sind.
Immer wieder wurde er von dem Prokuristen der Firma vertröstet, immer wieder erinnerte er erneut. Belege dafür liegen der AZ vor. Mal hieß es, E-Mails seien nicht angekommen. Ein anderes Mal habe er ihm erzählt, das Geld, das Braincandy bei den Konzerten eingenommen hatte, sei vom Regen dort nass geworden und später verschimmelt, sagt Mahl.
Nicht nur Stephan Mahl wartet auf Geld
Wie Stephan Mahl erfahren hat, soll er nicht der Einzige sein, der auf Geld wartet. Ist wirklich nichts mehr zu holen? Das soll nun ein Gericht klären. Diesen Sommer hat Braincandy aber auf jeden Fall auch Geld eingenommen: Vor der Praterinsel betrieb die Firma einen Biergarten. Außerdem führt Tobias Fendt noch ein zweites Unternehmen: die Cup Company, sie verleiht Becher und Mehrweg-Geschirr. Ob er damit erfolgreicher ist? Eine Anfrage der Abendzeitung ließ Tobias Fendt unbeantwortet.
Ohne Folgen blieb sie aber anscheinend nicht: Denn inzwischen hat sich der Prokurist der Firma bei Stephan Mahl mit einem Angebot gemeldet. Er soll sein Geld jetzt schnell zurückbekommen. Wie viel dran ist? "Die Hoffnung habe ich noch nicht aufgegeben", sagt Mahl am Telefon. Dann muss er auflegen, er sei gerade in Dublin, in einem Stadion, Kabel verlegen.