Medizinstudent Jung (20): Ich halte Ärzten den Rücken frei
Normalerweise wäre ich gerade mit meiner Großfamilie in Frankreich in den Ferien. Außerdem wollte ich jetzt in der vorlesungsfreien Zeit richtig viel für meine Doktorarbeit lesen.
Stattdessen arbeite ich nun ehrenamtlich im LMU-Klinikum Großhadern. Ich studiere im sechsten Semester Medizin.
Unterstützung "mindestens vier Tage in der Woche"
Vor etwa drei Wochen kam eine Rundmail, dass die Krankenhäuser unsere Hilfe brauchen. Wer freiwillig helfen will, sollte sich schnell melden, damit wir schon eingearbeitet sind, wenn die Zahl der Covid-19-Patienten ansteigt. Ich bin gleich am nächsten Tag mit meiner Freundin nach Großhadern gefahren, wir haben uns persönlich vorgestellt.
Seitdem arbeite ich mindestens vier Tage in der Woche im Klinikum. Die Aufgabe von uns Studenten ist, den Ärzten und Krankenschwestern den Rücken freizuhalten.
"Am Anfang haben wir Fieber gemessen"
In den ersten beiden Wochen haben wir am Eingang Patienten auf Corona-Symptome gescannt und Fieber gemessen. Es ist sehr wichtig, dass diejenigen mit Corona-Symptomen sofort von den anderen Patienten getrennt werden, damit es nicht zu weiteren Ansteckungen kommt. Mittlerweile leite ich die Koordination dieser Checkpoints. Dort haben vor ein paar Tagen Physiotherapie-Schüler unsere bisherige Arbeit übernommen. Sind alle über 18 Jahre alt.
Ich arbeite nun außerdem in der Notaufnahme. Dort versuche ich, den Ärzten Bürokratie abzunehmen. Ich schreibe zum Beispiel Vorberichte, die dann ergänzt und verbessert werden. Außerdem heißt es immer wieder: "Leo, sprechen Sie doch schon mal mit dem Patienten." Dann frage ich nach den Beschwerden, lasse mir die Vorgeschichte erzählen und nehme Blut ab oder höre schon mal das Herz oder die Lunge ab, bevor der Arzt kommt.
"Ich habe eine essenzielle Filteraufgabe"
Er stellt dann die wichtigen Fragen und veranlasst die spezifischen Untersuchungen. Ich habe eine Filter-Aufgabe, sie ist essenziell, damit die Ärzte ihre Kräfte für die wichtigeren Aufgaben bündeln können. Die Ärzte und Schwestern arbeiten total viel und sind extrem engagiert. Der Krisenstab macht eine fantastische Arbeit!
Jetzt kann man nur hoffen, dass die Maßnahmen der letzten Wochen weiter konsequent eingehalten werden und die Quarantäne nicht zu früh endet. Sonst kann man alles in die Tonne kloppen. Dann wird es bei uns auch so wie in New York oder Bergamo. Für mich ist diese Zeit enorm lehrreich. Und ich bin mir jetzt noch sicherer, dass Arzt genau der richtige Beruf für mich ist.
Corona? "Ich habe keine Angst, mich anzustecken"
Man hilft Menschen, sie schenken dir ihr Vertrauen – da stellt sich, wenn man später mal auf sein Berufsleben zurückblickt, bestimmt nicht so häufig die Sinnfrage.
Angst mich anzustecken, habe ich nicht. In meiner Altersgruppe kann es zwar auch schwere Verläufe geben, aber es ist selten, dass jemand in Lebensgefahr gerät. Trotzdem schütze ich mich natürlich so gut es geht.
Die Serie "Mein neuer Alltag" wird regelmäßig, aber nicht täglich, in der AZ erscheinen.
Lesen Sie hier: Alt-OB Christian Ude - Das ist mein neuer Corona-Alltag
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