Massive Mieterhöhungen bei der GBW in München: Unsoziale Sozialwohnungen

130 Euro mehr Miete nach zwei Jahren: Weil die einst gemeinnützige Wohnungsgesellschaft GBW alle Optionen ausreizt, bangen diese Mieter um ihr Zuhause.
von  Anja Perkuhn
Die Mietergemeinschaft in der Adams-Lehmann-Straße hat Angst, weil die Mieten steigen.
Die Mietergemeinschaft in der Adams-Lehmann-Straße hat Angst, weil die Mieten steigen. © Daniel von Loeper

München - Sandra Hanke ist müde. Weil man nun einmal manchmal müde ist, wenn man gerade von der Arbeit kommt. Aber vor allem, weil sie sich nach dieser Arbeit seit Jahren auch noch damit herumschlägt, dass die Mieten und Nebenkosten in ihrer Siedlung vom Wohnungsunternehmen GBW immer weiter erhöht werden – obwohl es sich um Sozialwohnungen handelt. "Ich bin inzwischen so müde, was das angeht", sagt Familienmutter und Erzieherin Hanke. "Man glaubt schon gar nicht mehr daran, dass sich da was ändern wird."

Weiter kämpfen will sie trotzdem. Darum haben gerade der Bayerische Landtag, Oberbürgermeister Dieter Reiter und der Bezirksausschuss Post bekommen. Wütende Post. Unter anderem steht darin: "Es brennt an allen Ecken und Enden! Es sind so viele Menschen, Familien betroffen!!! Bezahlbare Mieten – kein Luxusgut, sondern ein Grundrecht!"

GBW-Wohnungen: Räumungsklage für eine Mieterin

Seit knapp acht Jahren kämpft die Mietergemeinschaft der Adams-Lehmann-Straße 83 bis 95 schon, Sandra Hanke ist ihre Sprecherin. Die meisten der Mieter sind in die Siedlung am Ackermannbogen gezogen, weil sie hofften, hier trotz nicht allzu hohem Einkommens wohnen bleiben zu können, sicher zu sein vor dem Mietwahnsinn.

In der Wohnanlage gibt es 104 sogenannte EOF-Wohnungen der GBW – Wohnungen mit einkommensorientierter Förderung – und solche mit Belegrecht des Wohnungsamtes, die an einkommensschwache Menschen mit Berechtigungsschein vergeben werden. "Bei einigen Mietern hat sich das schon sehr zugespitzt", sagt Hanke. "Manche sind inzwischen ausgezogen, weil es für sie nicht mehr finanzierbar war. Eine Dame hat eine Räumungsklage bekommen, weil sie die Miete nicht mehr zahlen konnte. Insgesamt liegt Existenzangst in der Luft."

Mieter klagen gegen massive Mieterhöhungen

Ende 2010, etwa zwei Jahre nach dem Erstbezug, kam die erste Mieterhöhung – von bis zu 130 Euro. "Die wurde von den Mietern fast klaglos hingenommen", sagt Hanke. Einst wurde die GBW als "Gemeinnützige Bayerische Wohnungsgesellschaft" gegründet. Inzwischen gehört sie nicht mehr dem Freistaat, sondern wurde an ein Investoren-Konglomerat verkauft.

Nach der ersten Mieterhöhung versuchte die GBW 2013 erneut, alle Mieten um 15 Prozent anzuheben – und berief sich auf den Mietspiegel für frei finanzierte Wohnungen. Dass das nicht möglich sei, darauf verwiesen mehrere Richter in diversen juristischen Verhandlungen, die folgten – allerdings urteilten inzwischen einige, dass es eben doch gehe.

Mehrere der Mieter aus der Adams-Lehmann-Straße klagten bereits – gegen zu hohe Nebenkosten, gegen die massiven Mieterhöhungen, gegen die Anwendung des Mietspiegels. Einige haben gewonnen – andere, wie Sandra Hanke, nicht. Der Streitwert in ihrem Fall war nicht hoch genug – 30 Euro mehr pro Monat auf ein Jahr gerechnet. Mieterin Eva Rojas Peralta dagegen hat ihren ersten Prozess gewonnen – er geht jetzt in die nächste Instanz, die GBW zieht im Mai vors Landgericht.

Mieterhöhung: Von 9 Euro auf 11,38 Euro pro Quadratmeter

Das Problem an der Sache ist das Landesgesetz: Nach dem müssen Mieter von EOF-Wohnungen nachweisen, dass sie einkommensschwach sind – dann bekommen sie eine Zusatzförderung. Die steigt aber nicht. Und die Mieten sind zwar fix niedrig beim Erstbezug, danach kann der Vermieter sie aber alle drei Jahre um 15 Prozent erhöhen.

"Das große Übel ist, dass Markus Söder die Mieter mit dem Verkauf der GBW dem freien Markt ausgeliefert hat", sagt Volker Rastätter, Geschäftsführer des Mietervereins München. "Die Investoren wollen natürlich Rendite und versuchen, alles auszuschöpfen, was gesetzlich möglich ist." Andere Vermieter von EOF-Wohnungen wie die städtischen Wohnungsbaugesellschaften könnten das auch – tun es aber nicht.

"Nach unserer Ansicht ist da im Gesetz versäumt worden, die Mietsteigerungen bei diesen Wohnungen zu verzögern oder zu deckeln", sagt Rastätter. Dass es geht, zeigen Wohnungen aus dem kommunalen Förderprogramm München Modell: Zum Beispiel darf deren Miete in den ersten fünf Jahren gar nicht erhöht werden. "Die Stadt München schützt die Mieter da mehr als das Land Bayern", sagt Rastätter, "obwohl deren Mieter mehr verdienen als die Mieter der Sozialwohnungen."

Mietanpassungsklausel für Verträge ab 2015

Das Sozialreferat verweist darauf, dass die Stadt sich 2015 dieses Problems angenommen hat und nun unter anderem eine für die Mieterinnen und Mieter günstigere städtische Mietanpassungsklausel – auch für private Grundstücke – festlegen kann. Die gilt allerdings nur für Mietverträge ab 2015.

Den Mietern in der Adams-Lehmann-Straße nützt das nichts mehr. Mit einem Quadratmeterpreis von 9 Euro haben sie angefangen – inzwischen sind es 11,38 Euro, berichtet Sandra Hanke. "Wir wissen alle, wir können uns auf lange Sicht die Miete nicht mehr leisten. Die erhöhen so lange, bis der Mietspiegel erreicht ist. Und da haben sie ja noch Luft nach oben."

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