Massen-Besäufnis in der S-Bahn

Für Samstagabend haben sich tausende junge Leute über die Social Media-Plattform Facebook im Internet zu einer feucht-fröhlichen Demo auf der Stammstrecke verabredet.
von  AZ
Protest mit dem Pils-Tragerl: Die Aktion bleibt trotz viel Promille friedlich.
Protest mit dem Pils-Tragerl: Die Aktion bleibt trotz viel Promille friedlich. © dapd

Für Samstagabend haben sich tausende junge Leute über die Social Media-Plattform Facebook im Internet zu einer feucht-fröhlichen Demo auf der Stammstrecke verabredet.

München - Der Zug ist rappelvoll, sie singen trotzdem „Einer geht noch rein!“ Innen recken sie ihre Bierflaschen und Dosen zur Decke, draußen am Bahnsteig Jungfernstieg drängen und drücken sich hunderte an die Waggons und skandieren: „Scheiß HVV!“ Es ist der 30. September, Hamburgs Jugend hat die S-Bahn besetzt – weil die dortigen Verkehrsbetriebe Alkohol verboten haben.

In München wollen sie das am Samstag toppen. Ab dem Fahrplanwechsel am Sonntag gilt das Alkoholverbot in der S-Bahn (s. Kasten). Tausende Münchner wollen dagegen protestieren. „Wir brauchen nicht noch mehr unsinnige Verbote und Gesetze“, heißt es auf der Facebook-Seite „MVV-Abschiedstrinken“. Dort ruft man dazu auf, sich um 20 Uhr am Stachus-Brunnen zu treffen, eine S-Bahn zu stürmen und zwischen Hackerbrücke und Ostbahnhof hin- und her- zu pendeln.

„Bringt ordentlich Alkohol, Pfeifen und Protestplakate mit!“, schreiben die Initiatoren. Den Hamburger Protest haben sie sich als Beispiel genommen – und als Herausforderung. „Lass uns mal Hamburg überbieten!“, schreibt ein Fan auf der Seite. Oder: „Das müssen wir übertoppen.“ Die Chancen dafür stehen offenbar nicht schlecht. Eine Statistik am Rand der Seite zeigt: Über 8000 sind eingeladen,  knapp 1000 überlegen noch, etwa 1700 wollen sicher kommen. In Hamburg waren rund tausend beim – friedlichen – Protest dabei.

Wie’s auch kommt – es wird garantiert das letzte größere Besäufnis in der Münchner S-Bahn sein: Weil seit Jahren immer mehr Jugendliche in der Bahn trinken, fühlen sich immer mehr Fahrgäste von „aggressiv und bedrohlich wirkenden“ Trinkern belästigt, sagt S-Bahn-Chef Bernhard Weisser. Gerade am Wochenende und im Umkreis von Kultfabrik und Optimolwerke sei es schlimm. Die gleichen Probleme waren auch der Grund für das Konsumverbot in der U-Bahn, das seit August 2009 gilt. Laut MVG-Sprecherin Bettina Hess wurde es zur „Stärkung der Sicherheit und des subjektiven Sicherheitsgefühls unserer Fahrgäste“ eingeführt.

Und das mit Erfolg: „Bisher hat sich das Konsumverbot bewährt“, so Hess. Die „große Mehrzahl“ sei „einsichtig“, größere Auseinandersetzungen habe es nicht gegeben. Laut Befragungen unterstütze die Mehrzahl der Fahrgäste das Verbot. Pläne, Alkohol zu verbannen, gab es nicht nur im Nahverkehr: Anfang Mai überlegte der Chef des KVR, Wilfried Blume-Beyerle, öffentlich, ob man das Trinken auf dem Gärtnerplatz verbieten könne. Elf Tage später forderte der Chef der Polizei, Wilhelm Schmidbauer, ein Verkaufsverbot von hartem Alkohol ab Mitternacht.

Reaktion in beiden Fällen: ein Aufschrei. Im weitesten Sinne protestieren die Jugendlichen auch gegen solche Überlegungen – und weil es in der Natur der Sache liegt, dass am Samstag viel Alkohol fließen wird, stellt sich die zuständige Bundespolizei schon auf den Protest ein. Ein Sprecher sagt, man werde sich verstärken, aber nur eingreifen, wenn der S-Bahn-Betrieb gestört werde, Fahrgäste belästigt würden oder Gefahr für Leib und Leben bestehe.

Die Demonstranten wollen friedlich bleiben. Ein User schreibt auf der Facebook-Seite: „Solange wir sehr viele Leute sind, die einfach nur laut sind und nichts kaputt machen, bin ich mir sicher, dass uns die Polizei in Ruhe lässt!“

 

 



Mitnehmen: ja, trinken: nein - Die neuen S-Bahn-Regeln

 

  • Ab Sonntag, 11. Dezember, darf man in allen Münchner S-Bahn-Zügen keinen Alkohol trinken.
     
  • Das Verbot gilt nicht für andere Züge, Bahnsteige und Bahnhöfe – die gehören nämlich nicht zur S-Bahn.
     
  • Wer Alkohol nur transportiert, darf das weiterhin tun.
     
  • Wer am Bahnsteig noch was trinkt und dann seine Flasche verschließt, darf sie mitnehmen.
     
  • Man darf angetrunken S-Bahn fahren.
     
  • Es sind keine verstärkten Kontrollen geplant.
     
  • Wer beim Trinken erwischt wird, bekommt eine Ermahnung. Wird er lästig oder stört er andere, kann er aus dem Zug geworfen werden.
     
  • Geldstrafen sind (noch) nicht vorgesehen.
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