Marx schwört auf Bayern
Marx bei Beckstein – der Papst wollte ursprünglich einen anderen Oberhirten
MÜNCHEN Eins stellte Günther Beckstein gleich zu Beginn klar: „Wir haben in Bayern etwas gegen Marxisten!“ Aber auf Marx, den neuen Erzbischof der Erzdiözese München und Freising, freute sich Bayerns Ministerpräsident natürlich schon: „Es ist mir eine große Freude, Sie als 73. Nachfolger auf dem Bischofsstuhl des heiligen Korbinian willkommen zu heißen.“
Zwei Tage nach seiner feierlichen Begrüßung auf dem Marienplatz hat Münchens neuer Oberhirte am Freitagmittag den Treue-Eid auf die bayerische Verfassung und das Grundgesetz abgelegt. Vor Bayerns Ministerpräsident schwor der katholische Oberhirte am Freitagmorgen, „die verfassungsmäßig gebildete Regierung zu achten“ und Schaden vom deutschen Staatswesen nach Kräften abzuwenden. Der Treue-Eid ist im Konkordat zwischen Freistaat und Vatikan festgeschrieben (s. Kasten).
Doch Marx beließ es nicht beim Eid. In einer fast 15-minütigen, frei gehaltenen Rede widmete sich der 54-Jährige dem Verhältnis zwischen Kirche und Stadt: Er erklärte, dass er ein guter Erzbischof sein wolle – aber nicht nur für die Herde der Gläubigen, sondern auch darüber hinaus. Denn die Kirche müsse ihre Stimme über den eigenen Bereich hinaus für Menschenwürde und soziale Gerechtigkeit erheben. Sie habe einen „Auftrag mitten in der Welt.“
Unterdessen wurde aus Kirchenkreisen bekannt, dass zunächst der umstrittene Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller der Wunschkandidat von Papst Benedikt XVI. gewesen sei. Kirche und Politik in Bayern hätten Rom aber klare Ablehnung signalisiert. Im Münchner Domkapitel soll eine mögliche Berufung des Regensburger Oberhirten nach München sogar „Entsetzen“ ausgelöst haben. Der Papst habe sich dadurch umstimmen lassen.
Müller war mit der Auflösung des Diözesanrats, der Laienvertretung in seiner Diözese, 2005 auch in Kirchenkreisen in die Kritik geraten. Dass im Bistum Regensburg ein wegen Kindesmissbrauchs vorbestrafter Pfarrer erneut als Gemeindepfarrer eingesetzt und rückfällig wurde, rief ebenfalls Unverständnis hervor. Daniel Aschoff