Markus Söder in Israel plötzlich ganz leise: "Es ist extrem bedrückend"

Am zweiten Tag seiner Israel-Reise besucht Markus Söder den von der Hamas zerstörten Kibbuz Nir Oz im Süden von Israel. Ein sonst so lauter Ministerpräsident ist plötzlich sehr leise. Die AZ ist mit dabei.
von  Heidi Geyer
Markus Söder (Mitte), bayerischer Ministerpräsident, ausgerüstet mit Helm und Schutzweste, während eines Rundgangs im Kibbuz Nir Oz in Süd-Israel. Der CSU-Chef ist von der Zerstörungsgewalt der Hamas-Terroristen schockiert.
Markus Söder (Mitte), bayerischer Ministerpräsident, ausgerüstet mit Helm und Schutzweste, während eines Rundgangs im Kibbuz Nir Oz in Süd-Israel. Der CSU-Chef ist von der Zerstörungsgewalt der Hamas-Terroristen schockiert. © Karl-Josef Hildenbrand (dpa)

Nir Oz - Es stinkt fürchterlich. Schon eher bestialisch. In der Gemeinschaftsküche im Kibbuz Nir Oz haben die Terroristen der Hamas alles zerstört, was man nur irgendwie kaputtmachen kann. Acht Stunden lang haben laut israelischen Behörden rund 1000 Terroristen dort am 7. Oktober gewütet.
Es riecht nicht nur nach verdorbenen Lebensmitteln. Sondern auch nach Exkrementen und womöglich auch nach den Leichen von getöteten Zivilisten. Denn ihre Körper wurden ausgerechnet in den Kühlschränken in der Großküche provisorisch untergebracht.

Mittendrin steht der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Eigentlich kennt man ihn als jemanden, der gerne Mittelpunkt von Gesprächen ist. Auch als jemanden, der seine Klappe manchmal nicht halten kann. In Nir Oz schweigt er. Eineinhalb Stunden nimmt er sich auf seiner Israel-Reise Zeit und lässt sich von Amid Rubin die Häuser zeigen. Rubins kennt die schrecklichen Geschichten all der Kibbuz-Bewohner. Da sind die Oma und die Enkelin, die die Terroristen umgebracht haben. Die alte Frau, deren Tötung die Hamas über deren Facebook-Konto gestreamt haben.

Markus Söder in Schutzkleidung – immer wieder hört und spürt man Detonationen

Durch den Kibbuz laufen auffällig viele Katzen, vermutlich sind ihre Besitzer entweder tot, verletzt oder entführt. Niemand lebt mehr dort. Heute ist dieser Teil des Südens Israels eine militärische Sperrzone. Söder und seine Delegation reisen in einem Konvoi, darunter gepanzerte Limousinen und ein gepanzerter Reisebus an. An einer Tankstelle müssen alle, so auch Söder, eine Schutzweste und einen Schutzhelm aufziehen.

Nir Oz liegt nur knapp zwei Kilometer von Gaza entfernt. Man sieht Rauchwolken von Gefechten, immer wieder hört und spürt man auch Detonationen. Geht es ihm nur um die Bilder? Schließlich sind die Aufnahmen von Lady Diana am Minenfeld oder Karl-Theodor zu Guttenberg in Afghanistan von ikonischem Charakter. Zwar weiß man, dass Söder das Spiel mit den Medien bestens versteht. Aber es scheint mehr dahinter zu sein, als ein bloßes Bilderkalkül.

Brutalität und der Vandalismus schockieren CSU-Boss Markus Söder sichtlich

Verliebt habe er sich in Israel, als er als junger Mann mal auf Pilgerreise dort gewesen sei, erzählt er am Vorabend. In Nir Oz sagt Söder: "Es ist extrem bedrückend." Die Brutalität und der Vandalismus schockieren den CSU-Vorsitzenden sichtlich.

In einem Sicherheitsraum in einem Haus ist sogar noch Blut. Überall riecht es verbrannt. Als er hört, dass sogar archäologische Methoden angewendet werden mussten, um die Leichen zu identifizieren, geht er sicher und fragt die Journalisten, ob sie das auch hören konnten. "Das ist krass!", murmelt Söder. Später wird er sagen: "Die Idee von einem Kibbuz ist Frieden." Es sei schäbig, wenn ein solcher Ort dann mit einer derartigen Gewalt vernichtet werde.

"Verständnis" hat Söder, dass Israel sich selbst verteidigt. Er wolle zeigen, dass man an der Seite von Israel stehe. "Manche Diskussionen, die es so gibt mit 'ja, aber' oder 'ob das so schlimm' gewesen sei, oder manche Politiker aus anderen Ländern, die sagen, das sei kein Terrorismus: Hier ist der Beleg dafür!"

In der Gedenkstätte Yas-Vashem holt Söder die Flugblatt-Affäre von Hubert Aiwanger ein

Am Vormittag war er noch hastig durch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem gelaufen. Den Grund kann man ihm nicht verdenken: Der Zeitplan auf seiner Reise ist eng getaktet und immer wieder von neuen Bewertungen der Sicherheitslage bestimmt. Zumal Söder schon mehrmals den Herzlberg, wo die Gedenkstätte liegt, besucht hat. Einen Kranz niederzulegen, die ewige Flamme zu entzünden, dafür war aber auch dort Zeit.

Bayern will künftig noch stärker mit Yad Vashem zusammenarbeiten, Söder hat eine Erklärung mitgebracht. Ausgerechnet in Yad Vashem holt Söder jedoch die Flugblatt-Affäre wieder ein. Dani Dayan, Vorsitzender der Gedenkstätte, freut sich zwar über die Kooperation. Aber dass ein Politiker in Söders Staat sogar nach dem Vorwurf des Antisemitismus noch Zuwächse bei der Wahl hatte, das mache ihm Sorgen. Später wird Söder noch einen Förderscheck über 100.000 Euro an die Organisation Ichud Haklai übergeben, um von der Hamas traumatisierten Kindern Hilfe bieten zu können.

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