Marktleute klagen: Der Viktualienmarkt verkommt

Immer mehr Standl am Viktualienmarkt verschwinden still und leise. Und vier Häusl stehen seit Monaten leer. Nun greift die Sprecherin der Marktleute die Stadt an: "Warum wird hier so schlampig verwaltet?"
von  Irene Kleber
Blumenhändlerin Inge Rainer: "Braucht die Stadt eigentlich keine Mieteinnahmen hier am Markt?"
Blumenhändlerin Inge Rainer: "Braucht die Stadt eigentlich keine Mieteinnahmen hier am Markt?" © Daniel von Loeper

München - Schön liegt er da in der Sonne, der Viktualienmarkt. Eigentlich.

Wenn man nicht gerade in der Kopfsteinpflaster-Ödnis vor dem "Café Nymphenburg Sekt"-Standl um sich schaut. Oder auf dem leer gefegten Platz vorm Pschorr-Wirtshaus. Oder vor dem grünen Holzhäusl im Zentrum, das seit Monaten leer steht. Oder neben dem Teehäusl an der Frauenstraße. Oder, oder, oder.

Eineinhalb Jahre leer: dieses Häusl an der Frauenstraße. Ein Kuchenladen soll kommen – nur wann?
Eineinhalb Jahre leer: dieses Häusl an der Frauenstraße. Ein Kuchenladen soll kommen – nur wann? © Daniel von Loeper

Viktualienmarkt: "Überall Ödnis uns Leere"?

Wenn Elke Fett, die Sprecherin der Standl-Leute, über den Markt spaziert, schüttelt sie an vielen Ecken den Kopf und schaut grimmig aus dabei. "Überall Ödnis und Leere", sagt sie, "der Viktualienmarkt verkommt! Ich verstehe nicht, warum die Stadt ihn so schlampig verwaltet. Das tut richtig weh."

Seit Jahren wird diskutiert, dass der Viktualienmarkt saniert werden muss. Beschlossen hat der Stadtrat den Umbau im Sommer 2018. Losgehen soll es voraussichtlich Mitte 2022 und mehrere Jahre dauern. Freie Standl werden jedenfalls zurzeit nur befristet, bis 31. Dezember 2021 vermietet. "Das verstehe ich ja", sagt Elke Fett, "aber muss man den Markt gleich ganz ausbluten lassen?"

Vor dem Wirtshaus "Der Pschorr" standen mal etliche Marktstandl unter Schirmen. Keinen hat die Stadt nachbesetzt – heute parken da nur Autos.
Vor dem Wirtshaus "Der Pschorr" standen mal etliche Marktstandl unter Schirmen. Keinen hat die Stadt nachbesetzt – heute parken da nur Autos. © Daniel von Loeper

Elke Fett: Stadt sucht keine Nachfolger

"In den letzten drei, vier Jahren sind hier heimlich, still und leise über ein Dutzend Schirm-Stände verschwunden. Wenn da einer aufhört, wird der Platz einfach nicht neu vergeben", ärgert sich die Marktfrau.

Zwischen den Pflastersteinen kann man sehen, wo überall Stände waren – nur noch Metallringe ragen heraus. Vor dem Kustermann fehlt die Kaktus-Hilde, die 30 Jahre da war. "Die Leute fragen mich heute noch nach ihr", sagt Elke Fett, "da hat die Stadt keinen Nachfolger gesucht. Genau wie beim Gemüsestand von Christa Lang, beim Blumenhändler Ata, beim Bodensee-Pauli, der Grüner-Bäuerin, Neumeier-Blumen oder Heckmayer-Kürbis."

Über die Antwort auf ihre Nachfrage bei Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU) hat sich Elke Fett besonders geärgert: Die Schirm-Stände hätten den "heutigen Anforderungen (insbesondere Hygieneregelungen) nicht mehr genügt", ist dort zu lesen. Fett wütend: "Wenn das stimmen würde, müssen sie ja alle Schirm-Stände zumachen!"

Elke Fett, die Sprecherin der Marktleute, erhebt schwere Vorwürfe gegen die Stadt.
Elke Fett, die Sprecherin der Marktleute, erhebt schwere Vorwürfe gegen die Stadt. © Daniel von Loeper

"Um uns ist kein Leben mehr"

Bei ihren Kollegen am Markt macht sich mehr und mehr Frust breit. "Um uns herum ist überhaupt kein Leben mehr", klagt Eik Lautenschläger vom Biostand "Gut zum Leben". "Was sollen die Touristen für einen Eindruck kriegen?", schimpft auch die Blumenhändlerin Inge Rainer. Und fragt sich: "Braucht die Stadt keine Mieteinnahmen, dass sie sich den Leerstand so einfach leisten kann?"

Blumenhändlerin Inge Rainer: "Braucht die Stadt eigentlich keine Mieteinnahmen hier am Markt?"
Blumenhändlerin Inge Rainer: "Braucht die Stadt eigentlich keine Mieteinnahmen hier am Markt?" © Daniel von Loeper

Besonders sichtbar ist der gerade an vier festen Häusln: An der Frauenstraße ist seit eineinhalb Jahren das grüne Holzhaus neben dem Teestand verrammelt. "Da hat sich monatelang überhaupt nichts getan", ärgert sich Elke Fett. "Dann hieß es, dass ein Kuchenstand reinkommt. Und dann haben sie festgestellt, dass die Stadtwerke eine größere Stromleitung reinlegen müssen. Aber bis da mal Handwerker kommen!"

Immerhin: Es naht eine Eröffnung

Schon letzten Herbst hat an der Metzgerzeile die Metzgerei Schlagbauer zugemacht. Fett: "Über fünf Monate hängen da jetzt schon die Fenster zu, ein Nachfolger ist noch nicht da." Ebenso verrammelt ist der Laden 8 nahe der Heiliggeistkirche. "Da verzögert sich die Vermietung angeblich wegen Asbestbohrungen", sagt Elke Fett, "komisch, dass ich da nie jemanden bohren höre."

Immerhin am "Info-Standl" tut sich was. Das langgezogene Häusl in der Sichtachse der Suppenküche sieht seit Monaten aus wie ein düsteres Geisterhaus. Nun hat Bürgermeister Manuel Pretzl (CSU) für Dienstag die Eröffnung angekündigt. Dort soll über den Stand der Sanierung informiert werden. Die Händler werden gespannt hinschauen.

Schon im letzten Oktober hat die Metzgerei Schlagbauer hier in der Metzgerzeile zugemacht. Seither sind Fenster und Tür zugehängt.
Schon im letzten Oktober hat die Metzgerei Schlagbauer hier in der Metzgerzeile zugemacht. Seither sind Fenster und Tür zugehängt. © Daniel von Loeper

 

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