Marienloch-Prozess: Kläger drohen mit „München 22“
MÜNCHEN - Auftakt im Prozess zur zweiten Stammstrecke. Ein Befürworter höhnt: Toll, wenn es laut wird – da gehen die Leute umso mehr in die Geschäfte
Akten türmen sich auf dem Richtertisch. 24 Anwälte, Ingenieure und Gutachter sind für zwei Tage zum Prozess um die zweite S-Bahn-Stammstrecke vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geladen. Vom Urteil hängt es ab, ob die Riesenbaugrube am Marienhof wie geplant ausgehoben werden darf. Die Positionen sind klar – und weit auseinander:
Links im Saal 5 die Gegner:
Rechtsanwalt Wolfgang Leitner und seine Kollegen kämpfen für ihre zwölf Mandanten, die Marienhof-Anrainer. Zu denen gehören Wirt Charles Schumann und Prinz Albert von Thurn und Taxis.
Der Ton ist manchmal scharf. In Anlehnung an den erbitterten und umkämpften Widerstand gegen den Bahnhofsbau „Stuttgart 21“ droht Leitner der Gegenseite sogar: „Wenn Sie so weitermachen wie bisher, dann haben wir demnächst ein München22!“
Sollte wohl heißen: Um den Bau zu verzögern, würde man Massenproteste schüren. Die Stammstrecke sollte eigentlich bis 2018, wenn München Olympische Winterspiele ausrichten will, fertig sein.
Leitner sagte, man sei nicht gegen die zweite S-Bahnröhre. Aber gegen die Bau-Ausführungen werde man sich mit allen Mitteln wehren. Die Bauabschnitte 1 und 3, die unterirdische Röhren von der Hackerbrücke zum Marienhof und vom Marienhof zum Ostbahnhof, sind noch nicht einmal genehmigt. „Was ist, wenn die niemals realisiert werden? 1300 Klagen gegen diese Bauabschnitte liegen bereits vor“, sagte Leitner. „Von der Baugrube Marienhof werden die Tunnelbauarbeiten vermutlich in beide Richtungen vorangetrieben. Dann ist die Flaniermeile von München bis 2018 eine Baustelle.“
Die Geschäftsleute fürchten, bei Baulärm, Staub und 200 Lastern täglich auf der Dienerstraße, die ab 2012 den Aushub vom Marienloch karren, werde Kundschaft ausbleiben. Immobilienbesitzer sorgen sich um eine Mieterflucht.
Rechts im Saal die Befürworter
Anwalt Hartmut Heinrich und Projektleiter Albert Scheller sagen: „Das ist kein reines Wohngebiet. Deshalb gelten andere Lärmschutzrichtwerte.“ Bei 75 Dezibel werde in Spitzenzeiten der Baulärm liegen. Dies sei hinnehmbar. Heinrich witzelt: „Ist doch toll wenn es draußen laut ist, dann laufen die Leute schneller in die Geschäfte.“ Nur an 88 Tagen sei mit übermäßiger Lärmbelastung zu rechnen. Zudem: Den unterirdischen Ausbau des Bahnhofs würde man oben nicht mitbekommen.
Abwarten. Torsten Huber
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