Mann sticht zu: Opfer verblutet in den Armen seiner Frau

Prozess am Landgericht: 46-Jähriger gesteht, dass er im Streit zum Messer gegriffen hat.
von  John Schneider
Der Angeklagte und Anwältin Birgit Schwerdt.
Der Angeklagte und Anwältin Birgit Schwerdt. © jot

München - "Geh nicht rein, geh nicht rein", rief ihm seine Frau noch nach, versuchte, seine Hand zu greifen. Doch Igor B. (30, Namen geändert) lächelte nur und verschwand nach einem Disput mit einem Mann auf einem Balkon in das Haus im Maxhof, um seinen Widersacher zu stellen.

Dort fand der 30-Jährige am Nachmittag des 6. November 2020 den Tod.

Der Mann auf dem Balkon ist nur zu Besuch. Sein Bekannter, der dort lebt, hatte ihn überredet zu kommen. Auch weil er sich vor dem Nachbarn Igor B. fürchtete. Der soll ihn krankenhausreif geschlagen haben.

In der Küche nach dem "erstbesten Messer" gegriffen

Pavel T. (46), ein bulgarischer Schlosser, damals ohne festen Wohnsitz, raucht auf dem Balkon, als Igor B. und dessen Frau (23) mit der zwölf Tage alten Tochter im Kinderwagen unten vorbeikommen. Igor B. will den Müll in die Tonne werfen. Pavel T. spricht ihn an. "Ich habe ihn gefragt, warum er meinen Bekannten geschlagen habe", erinnert sich der 46-Jährige.

Daraufhin sei der 30-Jährige zurück ins Haus gelaufen. Wenig später klopfte es an der Wohnungstür, berichtet Pavel T. vor Gericht. Als er die Tür öffnete, schlug sein Widersacher sofort zu, traf ihn mit der Faust an der Unterlippe. "Ich bin zurückgetaumelt, aber nicht gefallen." Der 30-Jährige sei "sehr groß, sehr kräftig" gewesen, sagt Pavel T., deswegen hatte er Angst. Er sei dann in die Küche gelaufen, habe sich "das erstbeste Messer" gegriffen und sei damit auf den 30-Jährigen losgegangen. Der wuchtige Stich dringt laut Anklage 26 Zentimeter in den Brustkorb ein. Der Angeklagte demonstriert dem Gericht am Donnerstag wie er dabei das Messer gehalten hat.

Sein Opfer sei dann auf den Rücken gefallen. Er selber habe kurz darauf die Flucht ergriffen. Als er an der Frau seines Opfers vorbeikommt, fragt ihn diese, was denn passiert sei. Pavel T. sagt ihr, dass er das nicht wisse. Er sieht noch, wie sie ihren Mann streichelt.

Am nächsten Tag ruft er bei seinem Bekannten an und erfährt, dass sein Opfer verstorben ist. Verblutet in den Armen seiner Frau.

Pavel T. geht zur Polizei und stellt sich. Der Angeklagte kann nicht fassen, was er da angerichtet hat. Immer wieder schluchzt er bei seiner Aussage. Da greife er zum ersten Mal in seinem Leben zu einem Messer und dann passiere so etwas, hadert er mit seinem Schicksal. "Das passiert oft mit Messern", erwidert Elisabeth Ehrl, die Vorsitzende Richterin des Schwurgerichts, lakonisch.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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