Mann fällt bei Schlägerei ins Gleis - und wird gerettet

Prozess gegen zwei junge Männer endet mit milden Strafen. Die beiden handelten anfangs aus Notwehr.
John Schneider |
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Aus Notwehr ist gefährliche Körperverletzung geworden: Die beiden S-Bahn-Schläger und Anwalt Adam Ahmed vor Gericht.
jot Aus Notwehr ist gefährliche Körperverletzung geworden: Die beiden S-Bahn-Schläger und Anwalt Adam Ahmed vor Gericht.

München Die Stimme der schreienden Frau geht einem durch Mark und Bein. „Aufhören, Aufhören“, brüllt sie. Die S-Bahn-Reisende meint damit vier Männer, die sich auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig in Laim prügeln. Doch die Schreie, die auf einem Handy-Video zu hören sind, können die Eskalation nicht verhindern. Einer der Streitenden fällt aufs Gleis.

Jetzt spielen sich dramatische Szenen ab. Ein Lokführer (31), der zufällig an diesem 12. Dezember um 22.31 Uhr auf dem Bahnsteig war, erinnert sich: „Ich habe auf der einen Seite den Mann im Gleis gesehen und dann auf die andere Seite geschaut. Da kam gerade die S-Bahn herein.“ Es ist eine Sache von Sekunden, die zwischen Leben und Tod entscheiden. Der 31-Jährige rennt der S-Bahn entgegen und gibt dem Zugführer Zeichen.

Die S-Bahn bremst. Gerade noch rechtzeitig. Der Mann klettert zurück auf den Bahnsteig. Er und sein Spezl, beide werden als Asiaten, vielleicht Japaner beschrieben, besteigen die nächste S-Bahn und verschwinden. Und bleiben verschwunden.

Also hat es auch nie eine Strafanzeige der Prügel-Opfer gegeben. Anhand von Zeugenaussagen und Videoaufzeichnungen konnte das blutige Geschehen aber genau rekonstruiert werden und die Staatsanwaltschaft erhob Anklage gegen Peter F. (19, Namen geändert) und Ali K. (19). Wegen gefährlicher Körperverletzung.

Die beiden jungen Männer gaben die Tat gestern auch zu. Alles andere wäre angesichts der Beweislage auch sehr optimistisch gewesen. Doch das Video vom Bahnsteig zeigt auch, wie sich zuerst die Japaner mit Bierflaschen wappnen, wie einer von ihnen Ali K. die Flasche auf den Kopf schlägt.

„Meine Mütze und meine Haare haben mich geschützt“, sagte Ali K. am Donnerstag vor Gericht. Er fürchtete weitere Schläge und schlug nun seinerseits zu. Die beiden Angeklagten handelten also zunächst in Notwehr.

„Doch dann sind sie übers Ziel hinausgeschossen“, findet der Staatsanwalt. Peter F. schlägt und tritt seinen am Boden Kontrahenten. Gleiches gilt für seinen Spezl, der ebenfalls viel zu brutal vorging. Immerhin: Als einer der Japaner ins Gleis fällt, springt ihm Peter F. nach. „Das ist jetzt zu viel“, habe er in diesem Moment gedacht.

Amtsrichterin Melanie Lenz verurteilte ihn zu zwei Wochen Dauerarrest. Bei seinem Spezl sind es drei Wochen Dauerarrest sowie zehn Jahre Jugendstrafe. Der Grund: Der 19-Jährige hat eine einschlägige Vorstrafe und wohl im Allgemeinen ein Problem mit Polizisten. „In Dachau gibt es einen Polizisten, der mich auf dem Kieker hat“, erklärte er vor Gericht.

Nach dem Vorfall am 12. Dezember hatte er die Polizisten am Tatort wüst als „Idioten“ beschimpft. Diese Beleidigungs-Vorwürfe flossen in das Urteil mit ein.    

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