Manfred Götzl: Der Richter für alle Fälle

Überfall, Anschlag, Mord: Im April beginnt das Verfahren gegen Beate Zschäpe unter der Leitung von Richter Manfred Götzl.
von  dpa
Richter Manfred Götzl, Vorsitzender des Staatsschutzsenats am Oberlandesgericht, leitet ab 17. April den NSU-Prozess.
Richter Manfred Götzl, Vorsitzender des Staatsschutzsenats am Oberlandesgericht, leitet ab 17. April den NSU-Prozess. © dpa

Überfall, Anschlag, Mord: Im April beginnt das Verfahren gegen Beate Zschäpe unter der Leitung von Richter Manfred Götzl

München - Richter Manfred Götzl kennt sich aus mit spektakulären Fällen. Er verhandelte gegen Mörder ebenso wie gegen Islamisten und ehemalige Nazi-Verbrecher, auch an der Prozessserie um ein Sex-Video mit dem Kabarettisten Ottfried Fischer war er beteiligt. Jetzt aber steht er vor seiner größten Herausforderung. Von April an wird der 59-jährige Franke den Prozess gegen die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe führen. Sie steht zusammen mit vier mutmaßlichen Helfern des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) in München vor Gericht – im größten Verfahren zum Rechtsterrorismus, das es je in Deutschland gab.

Seit Wochen kämpft sich Götzls 6. Strafsenat am Münchner Oberlandesgericht (OLG) in der Schleißheimer Straße durch rund 280 000 Seiten Ermittlungsakten. Im November 2012 hat die Bundesanwaltschaft Zschäpe wegen Mittäterschaft an neun rassistisch motivierten Morden an türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern sowie an einer Polizistin angeklagt. Zschäpe war nach Überzeugung der Ermittler gleichermaßen an den Verbrechen beteiligt wie die mutmaßlichen NSU-Mörder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die sich am 4. November 2011 umstellt von Polizisten das Leben nahmen. Zschäpes Mitangeklagte müssen sich wegen Beihilfe zu Mord, Anschlägen, Raub und Unterstützung der terroristischen Vereinigung NSU verantworten.

Götzl hat einen guten Ruf. Fünf Angeklagte mit ihren zehn Verteidigern, mehr als 60 Nebenkläger und ihre Anwälte, die mit Anträgen und Fragen das Verfahren in die Länge ziehen könnten, und dazu vielleicht noch Aufmärsche von Linken und Rechten – da ist eine starke Persönlichkeit gefragt. Die Welt wird nach München schauen, ab dem 17. April. Für das Gericht sei der Prozess physisch und psychisch eine große Belastungsprobe, sagt der Präsident des Oberlandesgerichts, Karl Huber. „Das ist etwas, was Robustheit verlangt.“ Götzl sei ein Strafrichter mit langjähriger Erfahrung in schwierigen Prozessen. „Ich schätze ihn sehr. Ich habe ihn aufgrund seiner Erfahrung und seiner Persönlichkeit mit dem Vorsitz des Senats betraut.“ Götzl, der seine Karriere 1983 als Staatsanwalt begonnen hatte, ist dafür bekannt, dass er sich strikt, fast bürokratisch an Regeln hält. Er gilt als akribisch, prinzipientreu, fair und manchmal aufbrausend. Legendär ist die Geschichte, wie Götzl einem Angeklagten Batterien für sein Hörgerät gab, damit der dem Prozess folgen konnte. Aber jeden Tag am Ende der Verhandlung musste der Mann die Batterien wieder herausgeben.

Der Richter kann einem Angeklagten lange geduldig zuhören; Ausflüchte mag er nicht. „Damit gebe ich mich nicht zufrieden“, machte Götzl klar, als der wegen Mordes an dem Modezaren Rudolph Moshammer angeklagte Iraker 2005 erklären wollte, es sei von Gott bestimmt gewesen, dass Mosis Lebenslicht ausgelöscht werde. Es stehe dem Angeklagten frei, Aussagen zur Sache zu machen oder aber nicht, sagte Götzl. Er möge aber bitte konkrete Angaben machen und nicht allgemeine Hinweise auf das Schicksal geben.

Mit einem harten Urteil müssen Angeklagte bei Götzl rechnen, und seine Entscheidungen hatten fast immer Bestand: In sieben Jahren als Vorsitzender des Schwurgerichts kassierte der Bundesgerichtshof nur ein einziges Urteil. 2010 übernahm Götzl den 6. Senat am Oberlandesgericht München. Unter anderem verhandelte er gegen acht Helfer der „deutschen Sektion“ des Propagandanetzwerks „Globale Islamische Medienfront“.

Als OLG-Richter und Revisionsinstanz geht er auch mit seinen Richterkollegen hart ins Gericht. So hob er den Freispruch für einen „Bild“-Journalisten im Prozess um ein Sex-Video von Otti Fischer auf; die Urteilsbegründung des Landgerichts rügte er als „lückenhaft“ und widersprüchlich. Von der Öffentlichkeit hält sich Götzl fern. Wenig ist aus seinem Privatleben bekannt. Eine Leidenschaft für Musik, speziell für Jazz soll der Vater zweier erwachsener Kinder haben, und beim Wandern in der Natur seinen Ausgleich finden. Dafür wird in den nächsten Monaten wenig Zeit bleiben. Seit Wochen sitzen er und seine vier Richterkollegen über den Akten – sogar an Wochenenden.

 

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