Mamas lesbisch, Papas schwul: Arwen (5) hat vier Eltern
München - Arwen ist ja eher ein seltener Name für ein Mädchen. Er passt zu ihr. Arwen (5) wächst unter eher ungewöhnlichen Umständen auf: mit vier Eltern. Zwei Mamas, zwei Papas. Natalie, Arwens Mutter, ist lesbisch. Und hat sich mit Undine verpartnert. Und Arwens biologischer Vater, Thorsten, ist schwul und seit 17 Jahren mit Charlie ein Paar. Vor zwei Wochen erst haben die beiden Männer einander endlich geheiratet im Standesamt in der Mandlstraße, münchnerisch in Lederhosn.
Ein Fest mit der ziemlich großen Familie. Als die AZ hinterher Hochzeitsfotos machen darf im Englischen Garten, posiert Arwen ganz aufgekratzt mit ihren vier Eltern. Sie wirkt stolz. Und glücklich. So eine kleine Großfamilie ist selten in München.
Und noch seltener geben sich schwule und lesbische Eltern so zu erkennen wie im Film über „Arwens Regenbogen-Familie“, den das Bayerische Fernsehen am Sonntag (15.30 Uhr) ausstrahlt. Ein halbes Jahr hat der Münchner Filmemacher Frieder Käsmann Arwen und ihre Eltern mit seinem Team begleitet und die Geschichte einer Familie zusammengetragen, die in dieser Form selten ist. Diese Geschichte beginnt damit, dass sich Natalie (39) und ihre langjährige Lebenspartnerin Undine (38) ein Kind wünschen. Aber sie wollen nicht nur einen Samenspender. Ihr Kind soll doch bitte (zumindest) einen Papa haben und den auch als solchen erleben dürfen.
Die Frauen schalten eine Anzeige in einem schwul-lesbischen Magazin. Gesucht wird ein Mann oder Paar für die „aktive Vaterrolle“. Thorsten (48) und Charlie (49) melden sich: Auch sie wünschen sich ein Kind. Lange schon. Was als verheißungsvolles Blind Date zu viert in einem Lokal im Glockenbachviertel beginnt, wird zur Familie.
Obwohl die beiden Frauen und die beiden Männer bei Arwens Zeugung nicht zusammen waren: Bei ihrer Geburt sind sie es. Und seither auch - allerdings in getrennten Wohnungen, so haben sie es vorher schon ausgemacht. Geteiltes Sorgerecht (und, ja, auch Unterhaltszahlungen vom Vater an die Mutter) – das ist ohnehin längst gelebte Realität in vielen Münchner Patchwork-Familien.
In dieser ist es ein kleines bisschen anders. Thorsten, den Arwen ganz natürlich „Papa“ nennt, erklärt es im BR-Film so: „Normale Patchwork-Familien entstehen meist nach der Trennung der Eltern: Papa hat eine neue Freundin, Mama einen neuen Freund. Da kommen viele Konflikte auf. In unserer Konstellation hingegen ist Arwen genau so gewollt und so gewünscht, wie sie ist – das läuft sehr glatt.“ BR-Filmer Käsmann beschönigt da nichts. Sein Film thematisiert die Trennung von Natalie und Undine ein paar Jahre nach Arwens Geburt genauso wie die anfängliche Skepsis der (vielen) Großeltern des kleinen Mädchens.
Der Film macht eine außergewöhnliche Liebe und Nähe erlebbar: den rührenden, späten Stolz von Großeltern auf ihre unverhoffte Enkelin. Die Verbundenheit der getrennten Mama Undine („Es ist schön, ein Kind zu haben“).
Oder etwa Thorsten, den gestandenen bärtigen Kerl und bewegten Mann, der jetzt – mit 48 Jahren – feststellt: „Ich habe meinem Leben einen Sinn gegeben.“ Dabei liest sein Gatte dem Kind abends Gutenachtgeschichten vor, und über ihre etwas unübersichtliche Schwulen-Küche herrscht jetzt eine sanfte Winnie-Puh-Puppe. „Muten wir Arwen zu viel zu?“, fragt dieser Thorsten im Film.
In diesem Sommer kommt die Kleine in die Schule. Die Eltern – alle vier – fürchten dann, es könne hart werden für ihre Tochter: blöde Sprüche, Gehänsel, Mobbing. Kinder können doof sein, ohne das Wort Homophobie überhaupt zu kennen. Arwen, immerhin, könnte sich dann bei vier Eltern ausweinen.
Und sie hätte vier Eltern, die für sie kämpfen, wie sie es von Anfang an getan haben. Arwen ist ein Wunschkind, und dass es sie gibt, ist – naja: beinahe – ein Wunder. Auch wenn sie sich nie als solches empfinden wird oder soll. Es macht da schon Sinn, dass der Film am Ende eine Studie des Bundesjustizministeriums zu gleichgeschlechtlichen Eltern zitiert: „Da, wo Kinder geliebt werden, da wachsen sie auch gut auf.“
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