Mae West: Eine Debatte über 52 Meter

MÜNCHEN - Nach einer dramatischen Montage ragt die Skulptur endlich in den Münchner Himmel. Die Anwohner des Effnerplatzes beäugen die neue, schlanke Nachbarin erst einmal kritisch.
Im nebligen Dunst ragt Mae West in den grauen Winterhimmel am Effnerplatz. Ihr erster Tag in voller Höhe von 52 Metern. Erst Sonntag Abend wurde ihr das fehlende Oberteil unter Beifall in einer mehrstündigen Aktion auf den Sockel gesetzt (AZ berichtete).
Schon jetzt sorgt die kurvenreiche Skulptur für mehr Aufsehen als jedes andere Model in der Stadt. Kein Wunder, bei den (Aus)maßen. Begeisterung, Amüsement, aber auch Entrüstung weckt die Konstruktion bei den Anwohnern, die gestern ihre neue Nachbarin neugierig beäugten.
„A rechter Schmarrn“, murmelt eine ältere Dame mit bayerischem Hut im Vorbeigehen. Zwei Anwohnerinnen können ein Schmunzeln kaum unterdrücken bei der Frage nach ihrem persönlichen Eindruck. Rätseln müssen sie noch, was das eigentlich zu bedeuten hat. Selbst ihre Bekannten fragen immer wieder nach dem Sinn des Werks. „Da hätte die Stadt mal lieber ein Denkmal von einem richtigen Münchner Künstler aufgestellt, wie dem Filmemacher Fassbinder.“ Für 1,5 Millionen Euro hätte man lieber soziale Projekte unterstützen sollen, meinen sie. Und rechnen aus: „Für so viel Geld wären viele Frühstücksportionen in Kindergärten möglich gewesen.“
Zu Diskussion lädt Mae West in jedem Fall an: Rund um den Kreisverkehr, der sie umgibt, beobachtet man Menschen, die immer wieder auf die Skulptur zeigen und angeregt zu debattieren scheinen. Auch im kleinen Italiener „Il Galeone“ an der Ecke sorgt sie den ganzen Tag für Gesprächsstoff unter den Gästen und dem Personal. Hier hat man der Fertigstellung besonders entgegengefiebert.
„Sie schaut so schön aus“
Der Kellner Luigi Fantini ist froh, dass Mae West endlich steht: „Sie schaut so schön aus. Und wenn der Platz um sie herum erstmal ganz von Baustellen befreit und begrünt ist, dann wird das sicherlich einen schönen Effekt auf den Platz und unser Restaurant haben. Viele kommen, um zu schauen und zu fotografieren, besonders Chinesen und Japaner.“ Erst Samstag Nacht hat das Team von „Il Galeone“ die zahlreichen Zuschauer mit heißen Getränken und Pizza-Snacks durch die eisigen Minusgrade begleitet.
Auch im naheliegenden Fünf-Sterne-Hotel „The Westin Grand“ begrüßt man die neuen Ansichten: „Wir freuen uns, dass der Ausblick für unsere Gäste jetzt noch schöner geworden ist. Besonders im Sommer, wenn alles grünt und blüht“, sagt Michaela Rosien, die Sprecherin des Hotels, das 23 Stockwerke hat.
Mal sehen, ob sich auch Oberbürgermeister Christian Ude demnächst von Mae West und ihren Reizen bezirzen lässt. 2004 hatte er bei der entscheidenden Sitzung im Stadtrat noch gegen den Kurvenstar gestimmt. CSU, FDP und Grüne waren dafür.
Linda Schoon, Isabella Alt
Was halten Sie von Mae West, liebe Leserinnen und Leser? Eine Auswahl der Beiträge veröffentlichen wir in der Mittwochsausgabe der AZ