Machtpoker im Rathaus

Am Dienstag beginnen in München die Bündnis- verhandlungen zwischen SPD und Grünen, die ein drittes Referat fordern. Ein Blick in die Pokerkarten, eine Auflistung der Knackpunkte.
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MÜNCHEN - Am Dienstag beginnen in München die Bündnis- verhandlungen zwischen SPD und Grünen, die ein drittes Referat fordern. Ein Blick in die Pokerkarten, eine Auflistung der Knackpunkte.

Zum Feiern ist später noch Zeit: Denn der am Montag frisch gewählte Fraktionsvorsitzende der SPD, Alexander Reissl, muss gleich frisch ans Werk und die Bündnisverhandlungen mit den Grünen in die heiße Phase führen. Bisher wurden von beiden Seiten die „freundschaftliche Atmosphäre“ und die „konstruktiven Gespräche“ betont. Doch es geht knallhart um die Machtansprüche für die nächsten sechs Jahre. Die Knackpunkte: Ein drittes Referat für die Grünen, Verkehr und eine Strukturreform der Kinderbetreuung.

Bündnisverhandlungen sind immer ein Pokerspiel mit hohen Einsätzen und undurchschaubarer Miene. Dazu gehören Sollbruchstellen: Forderungen, die man sich gerne mit Gegenleistungen abkaufen lässt.

Grüne selbstbewusst

Die erstarkten Grünen (elf statt bisher acht Stadträte) treten dabei – wie immer – sehr selbstbewusst auf und verlangen für sich „real mehr Einfluss“. Gleich zu Beginn lassen sie es krachen: Sie wollen ein drittes Referat! Das trifft die SPD tief. Für OB Christian Ude kommt das nicht in Frage: „Ich halte die Forderung nach einem dritten Referat für überzogen. Aber wir werden einen Weg finden, der dem Zuwachs der Grünen gerecht wird, ohne dabei gleich zu übertreiben.“

In der SPD heißt es: „Die Grünen haben eigentlich schon drei Referate – das Kommunalreferat und die zusammengelegten Referate für Umwelt und Gesundheit.“ Doch die Grünen wollen noch ein großes Referat: Arbeit und Wirtschaft, Soziales und Schule werden als nächste frei. Aber die beansprucht die SPD als ihr politisches Kernland! Die Grünen kontern: „Die SPD muss lernen, dass es für sie keine Kernbereiche mehr gibt.“

SPD auf dem linken Fuß erwischt

Die Grünen haben die SPD ohnehin bei den laufenden Verhandlungen auf dem linken Fuß erwischt. Sie hatten sich sofort nach der Wahl zusammengesetzt, ein Strategiepapier erstellt und kamen bestens vorbereitet in die ersten Gespräche. Die SPD war da – wie auch bis gestern – immer mit sich selbst beschäftigt: Wer bekommt welche Posten? „Die SPD war ganz konsterniert, als wir das Papier präsentierten. Die Sozis waren zum Teil inhaltlich blank.“

Ude wollte aber nicht mit vorformulierten Papieren in die Verhandlungen einsteigen. So gibt es auch bei SPD und Grünen Warner: „Es ist unklug, zuviel zu fordern und herauszuposaunen, was man dann nicht bekommt!“ Bislang hat sich Ude bei den Gesprächen zurückgehalten. Er versteht sich als dritter Bündnispartner und Moderator. Er bestand darauf, mit den Finanzen zu beginnen, um erst den Rahmen abzustecken.

Strukturveränderungen

Die SPD will beim Geldausgeben den Deckel drauf lassen. Die Grünen wollen mit Umschichtungen deutliche ökologische Signale setzen. Da sind sie auch schnell beim Knackpunkt Verkehr: Mehr Radl- und Fußwege, schöne Platzgestaltungen – keine Öffnung der Stäblistraße und keine Südanbindung Perlachs.

Das zweite sind Strukturveränderungen. Da geht es vor allem um die Frage, wie die bislang getrennt verwalteten Kindergärten und Krippen unter eine Leitung kommen. Den Grünen schwebt ein Eigenbetrieb vor, den die SPD kategorisch ablehnt: „Kinderbetreuung ist keine wirtschaftliche Tätigkeit und kann sich auch nicht über Gebühren finanzieren.“

Das 60er-Stadion will die SPD draußen lassen: Ein solches Millionen-Projekt wecke grüne Wünsche, auch soviel Geld ausgeben zu dürfen.

Dienstag und Donnerstag gehen die Verhandlungen weiter. Die Grünen beraten am Freitag in Klausur. Nächste Woche kann nachverhandelt werden. Am 28. April sollen dann die Parteitage von SPD und Grünen das Bündnispapier absegnen. Und am 2. Mai wird der neue Stadtrat vereidigt.

Willi Bock, lj

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