Lytro im Test: München so scharf wie nie

Eine neue Kamera macht Bilder, auf denen man nachträglich alles scharf stellen kann, was man mag. Ein Foto-Experiment in München.
von  az
Das Foto-Fernrohr: So schaut die neue Lytro-Kamera aus.
Das Foto-Fernrohr: So schaut die neue Lytro-Kamera aus. © dpa

MÜNCHEN Echt scharf! Echt scharf? Seit kurzem ist die Lichtfeld-Kamera Lytro (sprich: Leidroo) auch auf dem deutschen Markt erhältlich. Der verblüffende Effekt der Lytro-Bilder: Sie können im Nachhinein per Maus-Klick am Computer scharf gestellt werden – nur eine nette Spielerei oder eine Revolution, wie der Hersteller verspricht?

Die Abendzeitung ist mit einem Leih-Gerät durch München gezogen und hat das Gerät ausprobiert. Den Finger am Auslöser: Vize-Chefredakteur Georg Thanscheidt, der im Redaktions-Alltag bisher nicht durch größere fotografische Ambitionen in Erscheinung getreten ist. Das mag man den Fotos auf dieser Seite auch ansehen – aber da muss das schicke neue Gerät halt durch.

Es wirkt ein wenig wie ein Foto-Fernrohr: 4 mal 4 Zentimeter breit, elf Zentimeter lang. Vorne ist die Linse, hinten ein etwas schwindsüchtiges Display. Das hintere Ende ist angenehm gummiert, hier befindet sich der Auslöser und der Zoom, der durch Streichen nach links oder rechts eingestellt wird. Eine fast schon apple-like intuitive Fingerführung und ein edles Äußeres sind die Plus-Punkte.

Der erste Minus-Punkt ist das Display, das als Sucher dient und auf dem man einen ersten Eindruck von seinen Bildern gewinnen kann. Leider auch nicht mehr als einen ersten Eindruck – so verläuft die Lernkurve bei den ersten Einsätzen sehr flach. Gerade wenn man sich für interessante Perspektiven auf den Boden kauert, muss man schon den Kopf in Bodennähe bringen, um in Display etwas zu sehen.

Interessant ist angeblich die Technik, bei der das Licht durch elf Millionen winzige Linsen fällt, weswegen der Hersteller nicht von Megapixeln spricht, sondern von Megarays spricht. Ich habe den entsprechenden Eintrag auf Wikipedia zu Lichtfeld-Kameras mal angelesen. Aber mir geht es mit Kameras wie mit Autos: Das Ergebnis zählt.

Und das ist so faszinierend wie ernüchternd. Zum einem kann man die Bilder wirklich in sehr vielen unterschiedlichen Bereichen scharfstellen. Um diesen Effekt zu erreichen braucht man allerdings ein wenig Übung – weiter unten finden Sie gelungene wie weniger gelungene Beispiele. Ernüchternd ist die Bildqualität – hier macht meine iPhone5-Kameras sauberere Aufnahmen - und meine kleine, kompakte Sony Cyber-Shot erst recht.

Die Lytro Kamera ist in verschiedenen Farben erhältlich – in München kostet sie bei Foto Sauter 479 Euro (8 GB für 350 Bilder) oder 579 Euro (16 GB für 750 Euro). Wir haben uns mit der Kamera einen Nachmittag lang auf einen Streifzug durch die Stadt begeben. Hier die Ergebnisse:

Der Vor-Wiesn-Löwe

Das Prinzip Lytro: Durch Klicken auf das Bild können Sie unterschiedliche Bereiche scharf stellen, wenn sich nach dem Klick eine Art Fadenkreuz zeigt. Sie können also auf den Grashalm vorne fokussieren oder auf den Bronze-Löwen des Münchner Künstlers Günter Grünwald (von mir im Gras postiert) oder eben auf den Wiesn-Aufbau.

Der Hofgarten-Becher

Der rote AZ-Becher steht auf einer Holzbank, dahinter ein Springbrunnen und ein Pavillon im Hofgarten. Wenn Sie auf den Button über dem Lytro-Schriftzug klicken, bekommen Sie ein Kontext-Menü

 Der Mast am Odeonsplatz:

 Kennen Sie bestimmt - der kunstvolle Mast auf dem Odeonsplatz. Und Sie sehen: So richtig in die Tiefe kommt die Lytro nicht.

 Spannendes München

 An der Hacker-Brücke warnt dieses Schild vor den Fahrdrähten - sie können die Stadt-Silhouette auch ein wenig näher holen. Aber nur ein wenig.

 Scharf wie die Nacht

Am Stachus: Sie können sich die Blumen ganz genau anschauen - oder aber den legendären Osram-Schriftzug betrachten.

 Löwen-Blues

 Ein bayerischer Löwe vor dem Rathaus - so gern würde er auch mal wieder auf dem Rathaus-Balkon stehen.

 Baustellen-Stadt München

 Gerade in den Sommerferien wird viel gebaut in München - ein Bild mit Tiefe also.

Überm Pflaster fährt die Tram

 Ein Blick in die Maffeistraße Richtung Bayerischer Hof - der Passant rechts ist fasziniert vom Foto-Fernrohr

Glänzend gelungen

Eines meiner Lieblingsbilder: Mal ist die Löwen-Nase an der Residenz scharf, mal das Gesicht der Passantin.

 Einblick in die Maximilianstraße

 Mal sind die Blumen im Fokus, mal die Radlerin. Wäre letztere lieber unschaf geblieben, kann sie sich gerne melden. Sie erhält von mir einen Blumenstrauß.

 Die bunte Oper

 Ein Klassenausflug zur Oper - aber auch das Pflaster ist einen genauen Blick wert.

 

 Fazit: Die Lytro macht wirklich Spaß, man braucht aber etwas Übung. Und natürlich das nötige Kleingeld. Falls Sie meinen fotografischen Fähigkeiten nicht trauen, die Kollegen von Spiegel online und von Chip haben die Kamera noch genauer unter die Lupe genommen.

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