Luxuswohnungen statt letzte Bleibe
Gekündigt: 40 ehemals obdachlose Frauen könnten bald wieder auf der Straße stehen – der „Karla 51“ droht das Aus.
Maxvorstadt - Plötzlich war da nur noch Angst. Geld hatte sie keins, in Frauenhäusern schickte man sie weg, niemand half Mirella Omar (20), die mit ihrem zweijährigen Sohn Adam von Kairo nach München geflohen war. Weg aus der Hölle des prügelnden Ehemanns, der Armut, der ständigen Sorge um den kleinen Adam. Hilfe findet sie schließlich im Obdachlosenheim Karla 51. Seit acht Wochen lebt Mirella nun dort – sie ist eine von 40 Bewohnerinnen, die den Weg zurück ins Leben finden wollen. Doch jetzt stehen das Haus und die Bewohner vor dem Aus. Der neue Eigentümer hat den Mietvertrag gekündigt.
„Wenn wir tatsächlich zum 15. November raus müssen, ist das eine Katastrophe“, sagt Gordon Bürk vom Evangelischen Hilfswerk München, das die Einrichtung betreibt. Auch bei der Stadt, die das Haus gemietet hat und Karla 51 unterstützt, ist man fassungslos: „Das trifft uns sehr hart, wir haben schlichtweg keinen Plan B“, sagt Sozialreferentin Brigitte Meier. Auf dem Wohnungsmarkt eine ähnliche Immobilie in Bahnhofsnähe zu finden, ist schlichtweg unmöglich, meint Brigitte Meier.
Ein anderer Standort als in der Karlstraße kommt nicht in Frage: „Diese Frauen stranden oft am Hauptbahnhof, sie sind schwer traumatisiert und brauchen Hilfe von sozialen Ämtern, die hier in der Nähe liegen“, erklärt Antje Eberbeck, die stellvertretende Leiterin. Seit 15 Jahren betreut Karla 51 Frauen, die von ihren Ehemännern geschlagen werden, nach der Haft keine Bleibe finden oder Opfer von Räumungsklagen werden. Neben den Bewohnerinnen kommen täglich viele Frauen ins Café, bekommen dort ein günstiges Essen und kostenlose Beratung. Damit ist das Projekt mittlerweile in ganz Europa bekannt. Und – es ist das einzige Obdachlosenheim für Frauen in München.
Warum der langjährige Vermieter, der Karla 51 selbst unterstützte, das Haus einfach verkauft hat, ohne mit dem Mieter zu sprechen, versteht keiner. Schon heute kündet das Brummen der Presslufthammer, was aus dem alten Gebäude werden soll: Nebenan entsteht das „Karl Palais“ – Luxuswohnungen mit bis zu 11 Zimmern. Doch noch hoffen die Betreiber, den Eigentümer umzustimmen, das Gebäude weiter zu vermieten oder der Stadt zu verkaufen. Das, meint Brigitte Meier, wäre wie ein wie ein Sechser im Lotto. Mit Superzahl.
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