Luxushotel Mandarin Oriental: Stilles Ende eines Millionenprojekts

Mandarin Oriental verzichtet nach jahrelanger Planung darauf, das Hotel auf der Parkhaus-Fläche zu erweitern - weil die Baugenehmigung fehle. Unsinn, sagen Experten.
von  Hüseyin Ince
In dieser gelb umrahmten Lücke neben dem Luxushotel Mandarin Oriental (linkes Gebäude) stand bis Ende 2021 das Fina-Parkhaus an der Neuturmstraße. Es wurde abgerissen. Dieunterirdischen Geschosse müssen noch abgebrochen werden.
In dieser gelb umrahmten Lücke neben dem Luxushotel Mandarin Oriental (linkes Gebäude) stand bis Ende 2021 das Fina-Parkhaus an der Neuturmstraße. Es wurde abgerissen. Dieunterirdischen Geschosse müssen noch abgebrochen werden. © Foto/Visualisierung: Wöhr + Bauer GmbH

Altstadt - Etwas schmuddelig kam es immer daher, das sogenannte Fina-Parkhaus an der Neuturmstraße. 520 Stellplätze hatte das Gebäude, das grau-schwarz die Umgebung verdunkelte, vor allem im Vergleich zum hellen schicken Luxushotel Mandarin Oriental gegenüber. Städtische Experten wie Stadtbaurätin Elisabeth Merk (parteilos) bezeichneten das Mega-Parkhaus als "Monstrum".

Ende 2022 soll der Bau starten. "Vielleicht", heißt es offiziell

Viele atmeten auf, bestimmt auch Merk, als im März 2014 bekannt wurde, dass der neue Eigentümer des Parkhaus-Grundstücks, das Familienunternehmen Wöhr + Bauer, hier das Projekt "Hilde" plante - und zügig einen nahe liegenden sowie prominenten Projektpartner vorstellte: das Mandarin Oriental. Das Ende des Parkhauses war damit besiegelt. Doch nach sieben Jahren kommt jetzt die halbe Rolle rückwärts: Das Luxushotel steigt aus.

Wöhr + Bauer entwarf und verwirklichte bereits viele Münchner Projekte, wie zuletzt die im März 2021 eröffnete Tiefgarage am Thomas-Wimmer-Ring. Das sollte ohnehin Hand in Hand laufen mit dem Projekt Hilde. Davon zeugt nicht nur die Webseite tomundhilde.de. Schließlich war der Plan auch, die nach dem Abriss fehlenden Parkplätze im Fina-Haus lückenlos mithilfe der neuen, unterirdischen Garage am Thomas-Wimmer-Ring (Projekt "Tom") zu ersetzen.

Als sich das Mandarin Oriental noch ins Westhaus (Mitte) erweitern wollte, waren zunächst die beiden Brücken angedacht.
Als sich das Mandarin Oriental noch ins Westhaus (Mitte) erweitern wollte, waren zunächst die beiden Brücken angedacht. © Foto/Visualisierung: Wöhr + Bauer GmbH

Und um Missverständnisse zu vermeiden, das bleibt auch so: "Das Projekt Hilde geht nahezu ohne Verzögerungen weiter. Auch ohne Mandarin Oriental", sagt Wolfgang Roeck, Geschäftsführer von Wöhr + Bauer. Dort, wo also das Fina-Parkhaus stand - es wurde Ende 2021 abgerissen -, sollen mittelfristig zwei Häuser stehen, ein Westgebäude gegenüber vom Mandarin Oriental und ein Ostgebäude. "Im Optimalfall sind wir genau wie ursprünglich geplant Ende 2025 fertig", sagt Roeck.

Die Mandarin-Hotelchefs waren vor der Pandemie euphorisch gewesen. Das Westgebäude mit 51 Extra-Zimmern und das Haupthotel hätten mit zwei spektakulären Brückengängen verbunden werden sollen. Eine Idee, die dann später verworfen wurde. Unterirdische Verbindungen sollten es am Ende werden. Im Rest: Wohnungen, Büros sowie Einzelhandelsflächen.

"Multifunktionskomplex" auf einer Fläche von rund 23.000 Quadratmetern

Beide neuen Häuser sollen zusammen weiterhin ein "Multifunktionskomplex" sein, auf einer Fläche von rund 23.000 Quadratmetern. Kosten? "Weit mehr als 200 Millionen Euro", sagt Roeck. Welchen Teil davon das Mandarin Oriental getragen hätte, sagt Roeck nicht. Nur so viel ist klar: Wöhr + Bauer hat Mandarin Oriental seinen Investitionsanteil zurückbezahlt. Unabhängige Experten schätzen, dass es sich um 15 bis 40 Millionen Euro gehandelt haben müsste.

Über die Gründe des Mandarin-Ausstiegs kann nur spekuliert werden. Das Hotel gibt sich einsilbig. Ein Sprecher von Mandarin Oriental sagt: "Wir haben von unserem vertraglich vereinbarten Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht." Schon im Herbst 2021 sei das gewesen. Ursprünglich sei dieses Rücktrittsrecht sogar schon im Herbst 2020 in Kraft getreten. "Wir haben das noch mal verlängert bis Herbst 2021", so der Sprecher, "aber es lag nach wie vor keine Baugenehmigung für das geplante Gebäude vor." Deswegen sei man abgesprungen.

Wöhr + Bauer stimmt da nicht ganz zu. "Der Bauantrag wurde im April 2021 gestellt. Dass bis Herbst 2021 noch keine Baugenehmigung erteilt werden kann, war selbstverständlich allen Beteiligten klar", sagt Roeck. Warum dann das Hotel ausgestiegen ist? Dazu möchte sich Roeck auf Anfrage nicht äußern. Ein Münchner Branchenkenner, der nicht genannt werden möchte, schätzt das so ein: "Fehlende Baugenehmigung? Unsinn. Der Grund ist doch klar, die Hotelbranche ist gebeutelt durch die Pandemie. Keiner möchte zur Zeit mit zweistelligen Millionenbeträgen experimentieren." Eine Art Notbremse sei das also von Mandarin Oriental.

Bekanntgemacht hat den Hotel-Absprung bisher keiner der beiden Vertragspartner so richtig. Halbherzig wird die Neuigkeit nur in einer Pressemeldung auf der Webseite tomundhilde.de erwähnt.

Wann geplant gewesen wäre, zu erklären, dass Wöhr + Bauer nun alleiniger Investor ist? "Geplant war, zu informieren, sobald wir eine Vereinbarung mit Mandarin getroffen haben. Deshalb sind wir entsprechend Mitte Januar zum nächstmöglichen Termin auf den Bezirksausschuss zugegangen, um persönlich den Sachstand vorzustellen", sagt Roeck. Der alte Bauantrag sei bereits zurückgezogen worden. Schließlich seien im Westgebäude ja keine Hotelzimmer mehr geplant, stattdessen Gewerbeflächen. Das müsse man im Bauantrag anpassen.

Der neue Zeitplan sieht laut Roeck nun vor, dass "wir im Juni einen abgeänderten Bauantrag bei der Stadt einreichen. Und wenn alles glatt läuft, dann ist vielleicht noch Ende 2022 Baustart".

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