Luise Kinseher: "Treffen! Treffen! Es geht ums Treffen!"

Luise Kinseher kündigt für ihre Fastenrede als Bavaria am Nockherberg schärfere Töne an. Hier erklärt sie, warum die Sexismus-Debatte sie zuletzt noch selbstbewusster gemacht hat
Michael Schilling/Laura Kaufmann |
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Die AZ-Redakteure Laura Kaufmann (l.) und Michael Schilling im Gespräch mit Luise Kinseher.
Petra Schramek 3 Die AZ-Redakteure Laura Kaufmann (l.) und Michael Schilling im Gespräch mit Luise Kinseher.
Für das Interview hat die Kabarettistin das Café Marais im Westend ausgesucht - und trinkt Mineralwasser.
Petra Schramek 3 Für das Interview hat die Kabarettistin das Café Marais im Westend ausgesucht - und trinkt Mineralwasser.
Es ist unweit der echten Bavaria.
Petra Schramek 3 Es ist unweit der echten Bavaria.

Die Bavaria, zumindest ihre Hülle, hängt in einem Kleiderschrank, nicht weit weg von der Theresienwiese. Luise Kinseher (44) hat das Kostüm daheim nach Jahresbeginn hervorgeholt, um wieder reinzukommen „in den Groove für diese Rolle“, wie sie sagt.

Am Mittwoch wird sie es zum dritten Mal als Fastenpredigerin beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg anziehen (18.30 Uhr, BR live), weil ja aller guten Dinge drei seien, findet Kinseher: „Einmal zieh’ ich’s noch an. Ich weiß ja nicht, ob ich es nächstes Jahr nochmal mache. Die Entscheidung fällt danach. Beim Derblecken weiß man ja nie: Auf einmal gibt es wieder einen Skandal.“

Kinseher will es offensiv angehen. „Mir kommt keiner aus, der Rang und Namen hat“, kündigt sie an. Und verspricht: „Die Rede wird heuer schärfer werden.“ Im Gespräch mit der AZ gibt sie einen Vorgeschmack.

AZ: Was macht Ihre Starkbier-Rede denn heuer schärfer, Frau Kinseher?

LUISE KINSEHER: Ich habe versucht, mehr in die Tiefe dessen zu gehen, was die einzelnen Politiker ausmacht – und die Pointen noch tiefer in der Wahrheit, im Charakter jedes einzelnen zu verankern. Treffen! Treffen! Es geht ums Treffen.

Zumal es ja politisch ein wichtiges Jahr wird.

Genau.Wir stehen vor einer Wahl, vor der Horst Seehofer alles, aber wirklich alles dafür tut, um sie zu gewinnen. Man hat ja schon das Gefühl, dem ist alles wurscht – Hauptsache irgendwie absolute Mehrheit. Und dann haben wir den Christian Ude: Ist ja auch schön, wenn eine Partei versucht, mit einer einzigen Taschenlampe eine Riesen-Lightshow zu veranstalten – und das über Monate.

Geht am Ende die Sexismus-Debatte nach Brüderle in Ihrer Rede in der aktuellen Politik unter?

Nein, die streif’ ich schon noch. Diese Debatte hat mich nochmal viel selbstbewusster gemacht. Als Kabarettistin – also als Frau, die in der Öffentlichkeit steht – nimmt man für sich einen Raum ein, der nix mit Hascherl und Heimchen am Herd zu tun hat. Ich hab’ mir von Männern auch schon einiges anhören müssen, wo mein ganzes bayerisches Wegsteckvermögen gefragt war. Dann tu’ ich lustig-lustig und ertrage das. Aber seit der Sexismus-Debatte denk’ ich mir: Da bist du als Frau verkehrt, wenn du das immer alles so locker nimmst. Zumal du ja auch Vorbild bist für andere Frauen, die sich bei blöden Bemerkungen vielleicht mit Worten nicht so wehren können. Jetzt spüre ich umso mehr die Verpflichtung, dem nächsten Typen, der das Maul aufreißt, zu sagen: „So geht’s nicht. Reiß’ dich mal zamm!“ Für mich gilt: Jetzt erst recht!

Spüren Sie Stolz, eine weibliche Vorreiterin am Nockherberg zu sein?

Ich halt’s mit der Dankbarkeit. Und einer gewissen Demut. Ich hab’ mich ja früher aus dieser Frauen-Diskussion rausgehalten. Ich habe mich nicht in Konkurrenz gestellt zu Männern, sondern mir gedacht: Ich bin ich, fertig. Aber angezettelt durch diese Diskussion habe ich mir gedacht: Jetzt steh’ zu deinem Geschlecht.

Das bedeutet?

Natürlich ticken Frauen anders. Das Weibliche ist integrativer. Deswegen passt ja auch die Mama-Figur der Bavaria so gut. Ich gehe nicht nur frontal gegen die Politiker an, sondern sammle sie auch wieder ein. Als Mama siehst du ja in allen das Gute, willst alle zusammenhalten – und das Beste fürs Heimatland rausholen. Das ist weiblich. Drum hält die Bavaria ja auch keine Bußpredigt mit erhobenem Zeigefinger.

Doch sie schimpft den kleinen Horsti bestimmt arg.

Aber nicht nur. Ich habe da ein breiteres emotionales Repertoire. Auch wenn viele das gern sähen, dass die Mama mit dem Kochlöffel den Horsti mal richtig abwatscht. Da gibt’s ja genug Leute in der CSU, die den Seehofer nicht leiden können. Mit gutem Grund auch.

Der Markus Söder hätte ja, so wie der Seehofer auf ihm herumgehackt hat und ihm auch noch die Ilse Aigner vorgezogen hat, ein bissl Trost von der Mama verdient.

Das liegt nahe. Finde ich aber nicht. Der Seehofer hat Schelte verdient. Das ist in der Tat ziemlich hart gewesen. So etwas tut man nicht. Das Problem an der ganzen Geschichte ist aber: Er hatte recht mit dem, was er gesagt hat.

Das klingt jetzt nicht mütterlich.

Die Entscheidung vom Seehofer, Ilse Aigner zu holen, ist ja keine persönliche, sondern eine politische: Die CSU muss schauen, dass sie Oberbayern, wo ihnen 2008 die Stammwählerschaft weggebrochen ist, wieder in den Griff kriegt. Das schafft sie mit Söder nicht: der ist Franke. Und die Haderthauer – die mögen’s halt nicht so. Wen haben’s also? Die Aigner. Die ist gut vernetzt, die kann’s, ist warmherzig – auch wenn sie in der CSU selbst nicht unumstritten ist, weil: nicht verheiratet.

Ach, Gottchen. Kommt übrigens der Papst in Ihrer Rede auch vor?

Kommt vor, ja. Bloß: den Papst derbleckt man nicht. Aber Horst Seehofer hat ja angekündigt, dass er zur letzten Audienz hin will. Die ist am Mittwoch. Da wird der also womöglich direkt aus Rom am Nockherberg ankommen. Frisch gesegnet. Darauf werde ich ihn natürlich ansprechen.

„Lieber nachts um zwölf Rainer Brüderle an der Hotelbar als Claudia Roth zum Frühstück.“ Hat CSU-General Alexander Dobrindt gesagt. Bekommt er für diesen Spruch Haue?

Für den konkret jetzt nicht. Aber das, was er abkriegt, gilt dann für alles. Wenn man alle Fehlgriffe vom Dobrindt einzeln analysieren will, tut man sich eine Mühe an, die’s gar nicht braucht: es ist alles gleich. Da langt ein Schlag – und fertig. Außerdem glaube ich: Die Claudia Roth wird mit dem Alexander Dobrindt auch nicht frühstücken wollen.

Was ist wahrscheinlicher: Dass 2014 in der Fastenzeit die Kinseher als Bavaria wieder oben am Nockherberg steht, oder dass der Ude unten als Ministerpräsident sitzt?

Für das eine braucht’s ein Wunder, und für das andere braucht’s ein Glück. Ihr könnt’s euch das aussuchen.

 

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