Luftballon legt die S-Bahn lahm

MÜNCHEN - Sie sind rot, herzförmig und hübsch – und sorgen für einen enormen Schaden. Die liebreizenden, metallbeschichteten Luftballons haben am Donnerstag die S-Bahn mehrmals lahm gelegt.
Laut Bahn waren rund 84 Züge mit mehreren zehntausend Menschen betroffen. Was war passiert? Am Donnerstag hatte der Esprit Megastore in der Kaufinger Straße hunderte Ballons zur Neueröffnung verteilt. Kinder nahmen sie mit und verteilten sie in der Stadt – da nahm das Übel seinen Lauf: Um 14.40 Uhr schwebte ein erster Ballon in die Oberleitung unterm Marienplatz.
Die Folge: Kurzschluss, Stammstrecke tot bis 15.20 Uhr. Mitten im Feierabendverkehr flog einer um 18.25 Uhr in die Leitung am Hauptbahnhof – die Stammstrecke war ein zweites Mal bis 19 Uhr gesperrt. Um 22.30 Uhr platzte der dritte Ballon am Isartorplatz, dort war der Schaden erst um 23.20 Uhr behoben.
„Bei den letzten zwei Fällen fanden wir die Überreste dieser Luftballons“, sagt ein Bahnsprecher. „Wir vermuten, dass es auch die Ursache am Marienplatz war. Wir haben sonst keinen Grund für eine Störung gefunden.“ Die Geschäftsführung des Megastores lehnt jeden Kommentar ab, die Pressestelle von Esprit war nicht zu erreichen.
Auch am Freitag verteilten Esprit-Mitarbeiter fröhlich die Chaos-Luftballons – bis die S-Bahn sie gegen elf Uhr morgens bat, damit aufzuhören. Die S-Bahn prüft rechtliche Schritte, schließlich wurden Oberleitungen und Züge durch die Ballons beschädigt.
Erinnerungen an das Jahr 1979
Unklar ist, ob und wie viele solcher Ballons noch im Umlauf sind – denn dann könnte es wieder passieren.
Und das alles nur, weil ein paar Werbeleute nicht richtig nachgedacht haben. Dass metallbeschichtete Luftballons Kurzschlüsse in den S-Bahn-Oberleitungen verursachen, ist nämlich seit langem bekannt und hat oft Schlagzeilen gemacht. Am 3. Oktober 1979 hatte ein solcher Ballon eine S-Bahn lahm gelegt. Am 2. September 1992 verursachte ein weiterer Ballon von der Wiesn einen Kurzschluss in der S-Bahn-Oberleitung am Isartorplatz. Auch damals steckten Zehntausende fest.
Der Verkauf solcher Ballons auf der Wiesn wurde daraufhin verboten. Seit 2001 sind sie auch in Bahnhöfen nicht mehr erlaubt – nur genützt hat’s nix.
Thomas Gautier