Lou Reed: Der Meister des Anti-Entertainments
Bei Lou Reed, der in der Musik-Arena auf Tollwood von den Velvet Underground bis in unsere Zeit reist, kann es niemals Nostalgie geben. Auch wenn manche es hassen mögen: Obsession, Sucht, Aggression und Depression nehmen hier auf das Schönste den Moment ein. Die Violine als peitschende Soundgeißel in „Heroine“ ... „be the death of me“. Dieses Anti-Entertainment ist gigantisch. „I’m Waiting For My Man“ – hier wird Lou vom Pusher endlose Minuten in den Hospitalismus gerockt.
Der Auftakt mit dem Meister der Misantrophie gehört „Brandenburg Gate“ von der neuen, mit Metallica aufgenommenen Platte. Später Metal-Wahnsinn mit „The View“, Poetry-Noise-Folter mit „Mistress Dread“. Weit weniger hölzern als Metallica ist diese junge, achtköpfige Tourband. Und immer dieses geschnitzte Griesgramgesicht im Muscleshirt. Dieser Typ, der mit Velvet Underground den Hippie-Blümchenscheiß von der Weltscheibe fegte. Er kann manchmal fast nett sein und dem Publikum einen Hit wie „Walk On The Wild Side“ gönnen. „Think It Over“ bekommt mit dem elektrischen Kontrabass eine gesetzte Jazznote. „Junior Dad“ – auf Reedsche Art ergreifend. „Beginning To See The Light“ und „Sweet Jane“ gibt es befreit gerockt als Zugabe.
Und dann steht Reed an der Rampe und sagt – Sensation – in den Jubel „Ich liebe euch auch“. Hat er gelächelt? Wir hoffen für ihn, es war eine optische Illusion.
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