Lohn-Dumping beim Platzl-Hirsch?
MÜNCHEN - Die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) prangert viel zu niedrige Löhne bei Starkoch Alfons Schuhbeck an.
Sein Name steht für exquisite Küche. Für exklusive Produkte. Und für miese Bezahlung? Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat Alfons Schuhbeck öffentlich angeklagt. Ausgerechnet Münchens Platz(l)hirsch soll Mitarbeiter in seinen Gaststätten, seinem Partyservice und bei der Dinner-Show Theatro nicht anständig bezahlen.
Allein sechs Angestellte des Schuhbeck-Imperiums hätten sich unabhängig voneinander bei ihm gemeldet, berichtet Freddy Adjan, Geschäftsführer der NGG in München. „Alle deutlich unter Tarif bezahlt.“ Am krassesten ist demnach der Fall eines Mitarbeiters, der in der Position eines „Chef de Rang“ beschäftigt ist – und damit in der Hierarchie eines Serviceteam direkt dem Restaurantleiter und dem Oberkellner unterstellt ist.
Sein mickriges Bruttogehalt: 1000 Euro im Monat – für eine Vollzeitstelle wohlgemerkt. Bei einer 40-Stunden-Woche entspräche das einem Stundenlohn von gerade mal 6,25 Euro brutto. Die genaue Wochenarbeitszeit ist in dem Vertrag, welcher der AZ vorliegt, nicht näher festgelegt. Mündlich sei aber eine 6-Tage-Woche vereinbart gewesen, erklärt Freddy Adjan.
1000 Euro Bruttogehalt – das ist den Angaben zufolge nur etwas mehr als die Hälfte des Tariflohns, den ein „Chef de Rang“ üblicherweise erhält. Denn der liege bei 1947 Euro. „Ich finde das verwerflich und unanständig“, wettert der Gewerkschafter. „Die Altersvorsorge kann man damit knicken.“ Schuhbeck unterlaufe Mindeststandards.
Zwar erhalte der Mitarbeiter mit 1300 Euro im Monat ein höheres Netto als Brutto-Gehalt – dank der üblichen Zuschläge für Einsätze in der Nacht oder an Sonntagen. „Trotzdem wird man als Arbeitnehmer in punkto Rentenanspruch, Krankengeldanspruch und Arbeitslosengeldanspruch beschissen“, sagt Gewerkschafter Adjan. Und die Zuschläge bekäme in der Gastronomie ja auch, wer den (auch nicht satten) Tariflohn erhalte.
"Ich bezahle die Leute fair"
Alfons Schuhbeck selbst will von Hungerlöhnen in seinem Gourmet-Reich nichts wissen. „Ich glaube nicht, dass in einem meiner Betriebe unter Tarif bezahlt wird“, sagte er der AZ. „Ich bezahle die Leute fair, sonst wären sie nicht bei mir.“ Seine Angestellten seien „happy". Bei ihm habe sich noch niemand beschwert.
Besser als einigen der Schuhbeck-Beschäftigten geht es den Arbeitnehmern aus sechs anderen Branchen. Denn für sie soll künftig die Mindestlohnregelung ausgedehnt werden. Das hat der Bundestag gestern beschlossen. Gesetzliche Lohnuntergrenzen sollen unter anderem für Pflegedienste oder industriellen Großwäschereien eingeführt werden.
Julia Lenders