LMU-Klinik München: Erster Herzschrittmacher für einen Waschbären

Die weltweit erste Operation dieser Art: In der Kleintierklinik der LMU wird ein Herzschrittmacher in ein sehr kleines Herz gesetzt. "Jacky" heißt die besondere Patientin, ein Waschbärmädchen.
von  Linda Jessen
Vor dem Eingriff: An der Stelle, an der die Operation stattfinden wird, haben die Mediziner Jackys Fell aus Hygienegründen abrasiert.
Vor dem Eingriff: An der Stelle, an der die Operation stattfinden wird, haben die Mediziner Jackys Fell aus Hygienegründen abrasiert. © LMU

In der Natur, so ist das leider, da werden die Schwachen manchmal zurückgelassen. So auch das kleine Waschbär- Mädchen, das plötzlich ganz mutterseelenallein ist. "Jacky" hat zunächst Glück, liebe Menschen ziehen sie von Hand auf. Doch kaum ist sie ein halbes Jahr alt, da machen sich ernste gesundheitliche Probleme bemerkbar, sie wird immer wieder ohnmächtig.

Es ist ihr Herz, das nicht richtig arbeitet. "Atrioventrikulärer Block" lautet die Diagnose. Gerade mal 60 Schläge pro Minute schafft Jackys Herz, gesund wären 200. Bei dieser Herzrhythmusstörung werden die Herzimpulse verzögert oder gar nicht mehr aus dem Vorhof in die Hauptkammer übergeleitet. Die Kammer bleibt stehen oder schlägt in einem langsameren Ersatzrhythmus weiter.

So kann Jacky zwar überleben, aber sie ist schwach – und fällt eben immer wieder in Ohnmacht. "Bei Hunden tritt diese Störung manchmal ganz plötzlich auf, weil Jacky noch so jung ist, könnte der Fehler aber auch angeboren sein", vermutet Professor Gerhard Wess, der die Kardiologie an der Medizinischen Kleintierklinik der LMU leitet und die Operation durchgeführt hat.

Jackys Herz ist viel kleiner als das anderer tierischer Patienten

In ganz Europa gibt es nur wenige Kliniken, die überhaupt Herzoperationen bei Tieren anbieten. Zu Jackys Glück gehört die Tierklinik der LMU dazu, nicht allzu weit also von ihrer Heimat in Rheinland-Pfalz. Aber auch hier ist sie eine ungewöhnliche Patientin. Ein Herzschrittmacher für einen Waschbär – das hat im wahrsten Sinne des Wortes die Welt noch nicht gesehen.

Bis jetzt: Jacky ist die erste Waschbärin, die einen Schrittmacher bekommt. Etwa 30 bis 40 Tiere werden im LMU-Klinikum jährlich mit Herzschrittmachern versorgt, es ist ein Routineeingriff – hauptsächlich allerdings bei Hunden. Die kleine Jacky ist dagegen viel leichter und hat auch nur ein ganz kleines Herz, das macht die OP viel komplizierter.

Jacky hat einen Herzschrittmacher für Menschen

Ein wenig wie ein Show-Pudel rasiert, liegt Jacky auf dem Operationstisch und schält tief, sie bekommt gar nichts mit. Über die Halsvene verlegt Wess ein Elektrodenkabel in ihr Herz und verankert es dort – eine besonders fummelige Arbeit. Unter der Haut wird dann die Elektrode bis hinter das Schulterblatt gelegt und mit dem Schrittmacher verbunden.

Er unterstützt jetzt ihr Herz bei der Arbeit und springt ein, wenn er eine zu niedrige Frequenz registriert. Übrigens trägt Jacky einen ganz normalen Herzschrittmacher aus der Humanmedizin – die sind ohnehin sehr klein.

Jacky erholt sich schnell von ihrer 30-minütigen Operation. "Normalerweise behalten wir unsere Patienten noch eine Nacht da, aber Jacky war sofort wieder fit. Wir haben sie sofort entlassen."

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