Liebespaar und Staatsverräter?
MÜNCHEN - Schweigen im Gerichtssaal: Im Spionage-Prozess gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) und seinen Geliebten wollten sich beide Angeklagten zum Auftakt nicht zu den Vorwürfen äußern.
Sie halten Händchen, tauschen verliebte Blicke - Anton K. (42) und Murat A. (29) machen vor Gericht aus ihrer Beziehung keinen Hehl. Das war nicht immer so. Seinem Dienstherrn Bundesnachrichtendienst (BND) verschwieg Spion Anton K. die Liebesbeziehung zu seinem Dolmetscher im Kosovo. Der Generalbundesanwalt wirft dem Oberstleutnant nun unter anderem vor, Staatsgeheimnisse wie das Informanten-Netzwerk des BND im Kosovo an seinen Geliebten verraten zu haben. Dieser habe diese Informationen wiederum an die organisierte Kriminalität und einen anderen Geheimdienst weitergegeben.
Doch welcher Geheimdienst bleibt in der Anklage offen, kann von Bundesanwalt Wolf-Dieter Dietrich auch auf Nachfrage nicht beantwortet werden. Doch es kommt noch schlimmer für den Ankläger.
Die Verteidiger setzten gestern eine Unterbrechung der Verhandlung vor dem Oberlandesgericht durch. Anwalt Christian Stünkel kritisierte, er und sein Kollege Sascha Jung hätten die geheimen Aktenteile zwar unter Aufsicht zu Gesicht bekommen, durften aber weder Notizen machen, noch sich Seiten kopieren. Ihre Mandanten hätten die Verschlussachen daher also nie studieren und auf Widersprüche abklopfen können. Eine „Waffengleichheit“ mit der Anklage sei so nicht gegeben.
Als „Seifenblase“ bezeichnete Murat A. im AZ-Gespräch die Vorwürfe. Sein Geliebter Anton K. kann nicht verstehen, dass „wir für zwei, drei Jahre hervorragende Arbeit jetzt bestraft werden sollen“.
Motiv Eifersucht: Die Ermittlungen gegen ihn begannen, als seine Frau erfahren hatte, dass er seine Lebensversicherung auf seinen Geliebten überschrieben hatte. Sie informierte Pullach und brachte so den Stein ins Rollen. Die Ermittler aber haben sich nach Ansicht der Verteidigung „verrannt“. Anton K. hätte nicht „in die Raster der Pullacher Behörde gepasst“.
Das Gericht will den Verteidigern - nach Rücksprache mit dem BND - nun volle Akteneinsicht gewähren. Der Prozess wird fortgesetzt. John Schneider