Lidl-Speedshopping: 1060 Euro in drei Minuten
Zugreifen! Fünf Münchner dürfen in einem Supermarkt umsonst einkaufen. Der Haken daran: Sie haben nur wenig Zeit. Hier gibt's Bilder und ein Video von der Aktion.
MÜNCHEN Eine Sekunde vor Schluss kommt es zum Knall. In der engen Kurve zwischen Vittel-Mineralwasser und Paniermehl gerät der Valpolicella ins Wanken, eine Flasche fliegt aus dem Karton und zerschellt neben der Tiefkühltruhe auf dem Linoleum. 6,99Euro weniger.
Stopp - der Verkaufsleiter pfeift ab. Heiko Ernstmeier schiebt seinen Einkaufswagen keuchend zu Kasse4 und lädt Kisten voller Nutella, Giotto, Ritter, Snickers, Twix und Raffaelo, Pfannen, einen Inhalator, palettenweise Gummibärchen, Toffee, Cashewnüsse, Pistazien, Sekt, Champagner und ein Nacken-Wärmekissen aufs Band. Und den Valpolicella, minus die eine Flasche. Die Anzeige notiert 616,26 Euro. Dafür hat Ernstmeier drei Minuten gebraucht.
Einkaufen muss nicht lange dauern. Das zeigt die Aktion der Supermarktkette Lidl. Die hat in einem Gewinnspiel fünf Münchner ausgewählt – ihr Preis: heute mal kein Preis. Drei Minuten lang dürfen sie die Filiale in der Pelkovenstraße plündern. So viel sie wollen. So viel sie können. Und alles: gratis. Heiko Ernstmeier schiebt den Einkaufswagen aus dem Supermarkt. Der biegt sich unter dem Snack-, Sekt- und Schokoladenberg. „Das ist alles relativ lange haltbar“, sagt der Ingenieur. „Ich wollte noch Parmesan und Fisch, aber die Zeit hat nicht mehr gereicht.“ Das haben die vier anderen auch gesehen. 616 Euro? Da geht noch was.
Verkaufsleiter Florian Güth erzählt, dass ein Kunde bei so einem Drei-Minuten-Shopping mal Waren im Wert von 1800 Euro in den Wagen stopfte. Es war fast nur Kaffee, weil der zu den teuersten Waren gehört. Ein anderer kam mit einer selbst gezeichneten Karte der Filiale. Auch hier wissen die fünf Kandidaten schon im Voraus genau, was sie wollen. Jeder hat jemanden mitgebracht, der ihn durch den Markt führt. Oder herumstehende Kunden aus dem Weg räumt.
Die zweite Gewinnerin sprintet durch zum löslichen Kaffee. Danach Wein, Rasierer, Deos, Fußmassagegerät und einen Akkuschrauber. Zwischendurch rammt sie zwei Einkaufswagen und eine Palette Mineralwasser. 1048,86 Euro. Die dritte greift hektisch zu Joghurt, Käse und Salami, der Schwarzwälder Schinken entgleitet ihr und fliegt durch die Kühltheke. Ihr Mann rennt voraus. Taschenlampen! Kaffeemaschine! Waschmittel! Sie zerrt den Wagen hinter sich her. „Da! Nimm noch Remoulade!“ 739,73 Euro.
Emil Kadic gibt sich nicht mit Remoulade ab. „Nur das Teuerste“, will der Industriekaufmann(33) heute mitnehmen. „Wenn man schon die Gelegenheit hat.“ Seine Mutter rennt vor. Brüllt ein älteres Ehepaar aus der Bahn. Zeigt nach links, nach rechts, hoch und runter und ruft „Schneller! Schneller!“ Kadic kippt Pistazien in den Wagen, dann Schokolade. Tafelspitz (10 Euro), Rumpsteaks, Lachs (7,99) und Wildfasan (6,99), Eau de Parfum („Madame Glamour“) und Entenpfanne, Rindsrouladen und Zahnpasta. Honig und Pfannen, Toaster und Rasierklingen, Deo und Duftzerstäuber. 1062,08 Euro.
Kadic keucht und zieht an seinem Hemd. Sein Blick geht noch immer leicht ins Leere. Seine Mutter hat den ganzen Markt auf den Kopf gestellt, „aber ich habe sie kaum gesehen“, sagt er. Laufen, suchen, den Überblick behalten, „das ist echt nicht leicht“. Er schwitzt leicht. Ziemlich kraftraubend, so ein Kaufrausch. Kadic starrt auf den Warenberg vor sich. Stolz und ungläubig, als wär’s ein schicker Neuwagen, der jetzt plötzlich ihm gehört. Obendrauf türmen sich vier Tiefkühltüten voller Fleisch. Er schiebt das ganze hinaus auf den verregneten Parkplatz. „Jetzt muss ich bloß noch schauen, wie ich das alles in meinen Zweisitzer kriege.“
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