Lichtkünstler: "Ich will München Mut machen"
Michael "Gene" Aichner (45) wollte gegen die Melancholie ankämpfen, die durch das eingeschränkte Leben in der Stadt grassiert. Seit 1998 ist er Projektionskünstler. Ein Autodidakt. Zur Zeit sind ihm viele Aufträge weggebrochen. Aber Aichner liebt seinen Job. Er arbeitete einfach weiter und projizierte am Mittwochabend Botschaften der Hoffnung auf Münchner Gebäude und historische Fassaden.

Herr Aichner, wie kamen Sie darauf, dieses unbezahlte Projekt auf die Beine zu stellen?
MICHAEL AICHNER: Ich bin Projektionskünstler. Ich wollte meinen Beitrag leisten, allen Münchnern in dieser schwierigen Zeit Mut zu machen und denen zu danken, die täglich die Stadt am Leben halten: Mitarbeiter in Krankenhäusern, Supermärkten, den Polizisten, den Feuerwehrmännern und allen Ehrenamtlern. Ich habe erst kürzlich ein ähnliches Projekt in China gesehen und fand das wahnsinnig cool.

Welche Wirkung wollten Sie erzielen?
Die Menschen sollen schmunzeln, abgelenkt werden, sich freuen in dieser traurigen Zeit. Die Stadt steht still und das Virus breitet sich aus. Als ich "Danke" auf die St. Bonifatius-Kirche projizierte, freute das bestimmt alle. Sie haben gerade Obdachlose aufgenommen, was mich wiederum wahnsinnig gefreut hat.
Wie sah die Tour aus?
Ich startete um 22 Uhr in Pasing, in unserem Büro. Man baucht ja die Dunkelheit für solche Projektionen. Ich stieg auf mein Elektro-Lastenrad. Mein langjähriger Geschäftspartner Thomas Zankl begleitete mich, um die Aktion zu dokumentieren.

Was hatten Sie alles dabei?
Auf dem Lastenrad waren eine große Batterie, ein Beamer und mein Laptop. Erstes Ziel war das Siegestor. Was ich jeweils projizierte, habe ich spontan entschieden. Die weiteren Stopps waren Geschwister-Scholl-Platz, Glockenbachwerkstatt, Bellevue di Monaco, Wittelsbacher Brunnen, Obelisk, Karolinenplatz, Propyläen, Dianatempel, Bavaria, Altes Rathaus sowie die Kunstakademie. Mit welchen Botschaften genau haben Sie die Fassaden beleuchtet? Mit allem, was Hoffnung macht. Symbolische Regenbogen, Hope, "helft der Münchner Tafel", #StayHome, #socialdistancing , #Wirbleibenzuhause, "Der Abstand wird größer, doch Herzen schlagen höher", "Die Welt von Zuhause aus retten!" "Normalerweise zieht so eine Aktion alle Passanten in den Bann"
Es waren bestimmt wenige Menschen unterwegs, die das alles sehen konnten. Wie wollen Sie die Messages unter die Leute bringen?
Über Social Media. Die Hoffnung soll sich digital verbreiten. Außerdem plane ich, den Leuten, die in den Gebäuden der projizierten Flächen arbeiten, extra Bilder zukommen zu lassen. Ich war nur sehr kurz an jedem Spot, um zu vermeiden, dass sich Menschen ansammeln in Zeiten von Corona.
Sie haben viel Erfahrung mit solchen Aktionen. Was ist das Besondere daran?
Normalerweise zieht das alle in den Bann. Die meisten bleiben stehen und blicken minutenlang auf die Flächen. Wie am Siegestor, wo ich schon häufiger aktiv gewesen bin.
Wie lange dauerte die Tour?
Etwa fünf Stunden. Vom Büro bis in die Stadt braucht man schon 30 Minuten. Mit dem E-Lastenrad ist das alles aber kein Problem, auch mit dem ganzen Equipment nicht.
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