Levelingsstraße: Flüchtlingskinder im Rotlichtmilieu

Sie kommen aus der Skandal-Unterkunft in der Lerchenau – jetzt leben 200 Asylbewerber immer noch in provisiorischen Unterkünften. Manche zwischen Bordellen und nur in Sandalen
von  Abendzeitung
Nicht gerade eine Gegend, in der man seine Kinder spielen lassen möchte: Ein Etablissement nahe dem Flüchtlingsheim in der Levelingsstraße.
Nicht gerade eine Gegend, in der man seine Kinder spielen lassen möchte: Ein Etablissement nahe dem Flüchtlingsheim in der Levelingsstraße. © Gregor Feindt

BERG AM LAIM - Sie kommen aus der Skandal-Unterkunft in der Lerchenau – jetzt leben 200 Asylbewerber immer noch in provisiorischen Unterkünften. Manche zwischen Bordellen und nur in Sandalen

Zwei kleine Buben spielen in der Einfahrt Fangermandl. Im Haus gegenüber gehen die roten Lichter an und weisen auf einschlägige Dienste hin. Im „Babylon“ nebenan ist es zwar noch ruhig. Doch schon bald werden die ersten Freier kommen.

Die Szene spielt sich in der Levelingsstraße ab. Dort sind derzeit 70 Flüchtlinge untergebracht – mitten im Rotlichtviertel in Berg-am-Laim.

Auch die etwas älteren Bewohner reagieren verlegen auf die ungewöhnliche Nachbarschaft. „Ein Club“, sagt der 19-jährige Afghane Zadran Mobeen Khan verschämt und blickt zu der rot erleuchteten Schrift hinauf. Dennoch will er nicht klagen. „Im Lager vorher war’s nicht so schön.“

Vorher: Das waren die Container in der Waldmeisterstraße, in dem skandalöse Zustände herrschten. Kein Klopapier, keine Seife, kaltes Essen. Am 11. Oktober wurde die Unterkunft von einer aufgebrachten Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) geschlossen (AZ berichtete), die Flüchtlinge verteilte man auf Jugendherbergen und Pensionen – 90000 Euro kosteten die externen Unterkünfte bisher.

Vier Wochen danach ist noch immer keine permanente Lösung gefunden. Für etwa 500 Flüchtlinge gibt es in München Platz. Trotzdem leben derzeit knapp 700 Asylsuchende in München. Sie wohnen in Jugendherbergen, aber auch in dem leer stehenden Bürogebäude in der Levelingstraße. Monika Steinhauser vom Flüchtlingsrat München ist mit den neuen Lösungen gar nicht zufrieden. Einige ihrer Kritikpunkte:

Keiner kümmert sich

„Die Bewohner werden nicht betreut. Niemand klärt über das Asylverfahren auf oder zeigt ihnen, wie sie sich in der Stadt bewegen können.“

Fragwürdige Nachbarn

„Die Unterbringung in der Levelingstraße im Rotlichtbezirk ist ungeheuerlich. Es geht hier auch um Frauen, die zum Teil schreckliche Erfahrungen gemacht haben in ihren Heimatländern oder auf der Flucht.“

Unpassende Kleidung

Ein Bewohner aus der Levelingstraße berichtet der AZ: „Ich trage immer noch die Klamotten, die ich bei meiner Flucht vor 25 Tagen anhatte. Ich habe nur Sandalen – Winterschuhe und Jacken haben wir immer noch nicht bekommen.“Johanna Jauernig

DAS SAGT DIE REGIERUNG: „Wir sind auf einem guten Weg“

Heinrich Schuster, Sprecher der Regierung von Oberbayern:
„Wir sind dabei, kurzfristige Ersatzmöglichkeiten für die aktuelle Unterbringung in Pensionen zu suchen. Dabei sind wir auf einem guten Weg.

Wir sind der Landeshauptstadt sehr dankbar, dass sie sich aktiv bei der Suche nach Standortalternativen beteiligt hat. Ähnliches gilt für die Situation in unseren derzeit 19 oberbayerischen Gemeinschaftsunterkünften, die derzeit sehr dicht belegt sind

Auch hier suchen wir nach weiteren Standorten außerhalb des Großraums München, da hier bereits überproportional viele Asylbewerber untergebracht sind.

Etwa 10 Prozent der hier untergebrachten Flüchtlinge sind so genannte Fehlbeleger, die nicht unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen und ausziehen müssten, die wir aber natürlich nicht einfach auf die Straße setzen können.“

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